Reisen war für mich schon immer mehr als eine Urlaubsbeschäftigung. Für mich heißt Reisen Freiheit. Die Freiheit mich aus meinem persönlichen Mikrokosmos zu lösen und ein bisschen mehr begreifen zu dürfen, was für ein winzig kleiner Teil von der Welt ich bin. Nichts bringt diese Tatsache stärker zum Ausdruck, als aus eigener Kraft zu reisen. Ob Wandern, Radfahren oder Paddeln - zu begreifen wie viel Energie ich aufbringen muss, um nur mich selbst und ein paar Kleinigkeiten über eine vergleichsweise kurze Strecke quer durch Länder und Kontinente, über Flüsse und Berge, durch Wälder und Städte und entlang von Küsten und Kulturen zu bewegen, ist eine Erfahrung, die ich selbst machen musste - und immer wieder machen will. Dass ich die Möglichkeiten dazu hatte, und sie mir seitdem immer wieder einräume, kann ich immernoch nicht ganz glauben.
Meine aktuelle Reise um die Ostsee und zu den Lofoten werde ich in ähnlicher Weise auf Instagram beschreiben. Meine Blogeinträge werden dagegen im Detail einzelne Momente meiner Reise hervorheben. Ich hoffe ihr habt so viel Spaß beim Lesen, wie ich beim Schreiben!
Tag 1 - Anfängerglück
Als ich aufstehe fühle ich mich schon bereit loszufahren. Ein völlig anderes Gefühl, als bei vorherigen Reisen, bei denen ich vorher noch garnicht begriffen hatte, dass ich überhaupt weg sein würde.
Doch dieses Mal steckt mehr dahinter und das merke ich auch. Also erledige ich schnell alles, was ich in den letzten Wochen und Tagen nicht geschafft habe, um endlich aufzubrechen. Endlich wieder unterwegs sein.
Nurnoch schnell mein Zimmer aufräumen, saugen, Pflanzen gießen, ein paar Mails verschicken und alles für die Zwischenmieterin vorbereiten. Dann geht's los.
Ich verabschiede mich von meinen Mitbewohnern und rolle aus Hamburg. Erst durch die zentralen Wohngebiete, dann durch Industriehäfen und schließlich durch die Vororte bis ich an der Dove-Elbe ankomme und nurnoch dem Wasser folgen muss.
Kaum bin ich von Natur umgeben, bekomme ich das Grinsen nichtmehr aus dem Gesicht. Ein bisschen fühlt es sich an, wie bei meiner Ankunft in Le Mont Saint Michel. Wahrscheinlich, weil ich schon eine Ahnung habe, was mich erwartet.
Während ich euphorisch auf Helge dahinradle, fällt mir ein Schild auf. KZ-Mahnmal Neuengamme steht drauf. Dann nochmal. Und schließlich fahre ich, ohne es geplant zu haben dran vorbei. Ich biege ab und fahre dem gut 20 Meter hohen Gedenkturm entgegen. Meine Stimmung wandelt sich komplett. Nicht dass ich plötzlich schlechte Laune hätte. Es wird mir nur glasklar, wieso ich das alles eigentlich mache. Freiheit für mich und Freiheit für alle anderen. Nie wieder so viel Leid, nie wieder solch eine Unterdrückung.
Ich kann kaum glauben, was die ersten Stunden alles bereithalten. Voller Tatendrang geht es weiter.
Bis ich kurz hinter Lauenburg einen herrlichen Elbstrand finde. Es soll eine milde Nacht werden. Bei Lagerfeuer und Sonnenuntergang lasse ich sie auf mich zukommen.
Tag 2 - Von Strand zu Strand
Als ich um 4:30 Uhr das erste Mal aufwache, strahlt der Horizont in einm orangeroten Glanz. Auf der Elbe liegt eine dicke Nebeldecke und die ersten Vögel beginnen ihr Lied. Gerade als ich denke, wie schön es eigentlich werden kann, schlafe ich auch schon wieder ein. Wäre mein erster Instinkt nicht gewesen ein Foto zu machen, hätte ich den Moment wohl als Traum abgetan.
Vier Stunden später wache ich das zweite Mal auf. Der Nebel verfliegt gerade, während die Sonne mir durch die Zweige der Weide ins Gesicht scheint, in die ich gestern meine Hängematte gespannt habe.
Der Tag kann beginnen. Mit Frühstück, Rückentraining und einem Sprung in die Elbe.
Mein Fleckchen ist so gemütlich, dass ich bis 11:30 Uhr brauche um loszukommen.
Dann fahre ich praktisch den ganzen Tag auf Helge dahin. Sehr gemütlich aber sehr kontinuierlich. Am Ende werden es 93 km gewesen sein. Nicht schlecht, für Tag 2.
Zwischendurch sehe ich reichlich Auswirkungen des ausbleibenden Regens. Eine Fähre fährt nicht wegen Niedrigwasser. Die kleinen Elbstrände sind 4 mal so groß wie üblich, ausgetrocknete Teiche und reichlich braun-gelbe Deiche säumen den Weg. Auf einem Schild lese ich, dass die Elbbuhlen eine tolle Erfindung sind, weil sie die Fließgeschwindigkeit des Flusses erhöhen und so Binnenschifffahrt ermöglichen. Dass eine höhere Fließgeschwindigkeit den Wasserhaushalt des Landes ruiniert steht da nicht. Es ist zum verrückt werden. Und es ist trocken und trotzdem schön. Denn auch wenn all das ganz deprimierend klingt, ist die Elblandschaft mit ihren ewig weiten Wiesen ein wunderbares Band, das sich durch DE zieht.
Ein paar Kleinigkeiten passieren noch, bevor ich an meinem heutigen Strand ankomme und meine Hängematte wieder in eine Weide spanne. Es fühlt sich an wie Gestern. Nur bin ich heute am nördlichen Elbufer und die Sonne geht hinter mir unter.
Tag 3 - Radfahrtage
Wieder beginnt mein Tag mit einem ausgedehnten Morgen. Während ich von 9 bis 11:30 Uhr gemächlich in meinen Tag starte, fährt eine Radfahrgruppe nach der anderen über den Deich. Genau genommen wurde ich um 8:30 Uhr sogar von einem Bike-Packer geweckt, der lauthals "Dancing in the Moonshine" mitgrölte.
Aber wenn ich eins nicht bin, dann Frühaufsteher. Da radel ich lieber bis in die Abendstunden.
Als ich dann so weit bin, schiebe ich Helge den Deich hoch und bekomme direkt den vollen Ostwind zu spüren. Das kann ja was werden. Ich strampel gegen ihn an und überhole bald eine Gruppe Senioren auf dem E-Bike. 20 Minuten später haben sie mich wieder eingeholt. Heinz - der Leit-Senior aus Buxtehude - lacht nur und lädt mich in seinen Windschatten ein. Und so wird mein Tagestempo von 21 km/h gesetzt.
Wir radeln so dahin, schnacken ein wenig über dies und das aber hauptsächlich übers Wetter. Genauer gesagt über die Trockenheit. Dass die Elbe je so niedrig war, da kann er sich kaum dran erinnern. "Dat liecht wohl an diesem Klimawandel, hmmmm?" - Recht hat er.
Als die drei eine Pause machen, setze ich mich ab und fahre alleine weiter. Kurz darauf sehe ich das erste Mal in meinem Leben eine Waldbrandfläche. Kein schöner Anblick, aber wahrscheinlich nicht das letzte Mal. Wieder denke ich viel über die Trockenheit nach, bis ich irgendwann Stefan von der Naturwacht treffe. "Richtig geregnet hats das letzte Mal im März/April" - vor 4 bis 5 Monaten also. Und das praktisch in ganz Europa.
Mein Gespräch mit einem namenlosen Wehrmitarbeiter rundet das Bild ab. Der Elbpegel liegt aktuell bei 1,29m. Mittelwasser läge zwischen 2,50 und 3,00 Meter. Ich kanns nicht fassen. Und doch fahre ich weiter und genieße die Landschaft so gut es geht.
Abends schlage ich mein Lager an der Havel auf. Dieses Mal das Zelt. Bevor ich schlafen gehe läuft mir Christopher übern Weg. Der ist Jäger und verhört mich kurz über meine Absichten. Aus dem Verhör wird ein Gespräch und schließlich schenkt er mir ein Taschenpfefferspray. "Die Menschen sind alle lieb und nett... Aber man kann nie wissen."
Als ich ins Bett falle, denke ich nurnoch, dass 100km echt schlauchen!
Tag 4 - Berlin, Berlin ich fahre nach Berlin!
Sorry der musste sein.
Außerdem ist das Gefühl heute mein erstes Etappenziel erreicht zu haben geradezu famos. Der größte Fehler auf meiner letzten Reise war, dass ich mir keine Zwischenziele gesteckt habe. Wie sollte man je das Gefühl haben voranzukommen, wenn die Gesamtentfernung jeden Tag nur 50 - 100 km kleiner wird? Etappenziele sind greifbar. Jede Woche erreicht man eins und zack nach 7 Wochen ist man da. Und weil Berlin ein besonderes Etappenziel ist, hat Helge auch ein besonders touristisches Fotoshooting verdient.
Und was hab ich heute so getrieben?
Zum aufwachen ein Sprung in die Havel - das Wasser vertreibt die Muskelschmerzen von gestern und stimmt mich auf den Tag ein. Denn ich hab einiges vor. Bis Berlin sinds mindestens 100km. 125 wie sich später rausstellt. Deswegen ist das feste Ziel um spätestens 11 Uhr loszukommen. Das schaffe ich dann auch fast.
Als ich starte komme ich die ersten 20 km durch Auenland-ähnliche Waldlandschaften. Es folgen ewig anmutende Kiefern- und Eichen-Wälder, bis ich schließlich den Radweg verliere und über Landstraßen fahren muss. Der Typ, der die Schilder aufgestellt hat, muss besoffen gewesen sein. Anders lässt sich das nicht erklären.
Wieder lege ich nach knapp 70km meine Pause ein. Dieses Mal fühlt sich alles in mir danach an, als sollte es das für den Tag sein. Aber nach den Resten meines Abendessens und meines Porridges kann ich mich aufraffen weiterzufahren. Meine Oberschenkel und Waden brennen und mein Rücken fühlt sich auch nicht ganz koscher an. Trotzdem fahre ich weiter, denn inzwischen will ich heute in Berlin ankommen. Immerhin überlässt @thisisstellagrass mir ihr Bett. Und auch wenn ichs nicht zugeben will, freut mein viertel-Jahrhundert alter Körper sich doch sehr darüber. Und deswegen klappts nach einigem Fluchen auch.
Erstmal essen!
Tag 5 & 6 - Dickes B oben an der Spree
Berlin fühlt sich an wie immer. Auch wenn ich mich bei meiner Ankunft mit dem Rad noch sehr geerdet fühle, verschluckt mich die Stadt binnen Stunden.
Nach meinem ersten Abend auf dem Tempelhofer Feld schlafe ich wie ein Stein in @thisisstellagrass Bett. Sie ist das ganze Wochenende nicht da und ich kann mich in ihrem Zimmer breitmachen. Perfekt zum sortieren. Als ich aufwache will ich schnell meine To Dos erledigen, denn ich habe schon das Gefühl, dass das nichts wird, wenn ich mich nicht jetzt drum kümmer. Also ab zu Heinrichs Fahrradladen und neue Pedale und Griffe für Helge besorgen.
Kurz darauf sitz ich schon mit @maxiflechsig im Park und stimme mich auf das Konzert am Abend ein. Seeed! Eine meiner all time Lieblingsbands. Wenn nicht die Lieblingsband! Das warme Kindl schmeckt zwar nicht wirklich aber bei der Hitze sind die Flaschen trotzdem schnell leer. Als @alexer729 und @yolasophie dazukommen holen wir Falafeln. Und dann noch Pizza. Eigentlich esse ich pausenlos. Dann kanns losgehen. Die Tram ist voll von Leuten die aussehen als hätten sie genausoviel Lust aufs Konzert wie wir. Und als wir aussteigen läuft uns @madlxwentz übern Weg. Perfekter Zufall!
Zusammen machen wir uns auf zur Wuhlheide und genießen den Abend. So gut es eben geht. Denn um ehrlich zu sein, waren die Fans eine ziemliche Katastrophe. Nicht dass ich von jedem erwarte Vollblut-Stadtaffe zu sein, aber wenn man in der 3. Reihe steht, sollte man schon den ein oder anderen Text kennen und vielleicht auch mal tanzen. Egal - Seeed geht ab und wir gehn steil!
Samstag morgen treffen wir uns zum frühstücken und bummeln noch übern Flohmarkt. Was man halt so macht in der Hauptstadt. Später bin ich noch zum Training verabredet. Ob das klug ist? Immerhin fühlen meine Beine sich grad wieder halbwegs brauchbar an. Aber was solls? Ich bin nur einmal in Berlin und der Nachmittag mit @minionsof.darkness und @dianant_pkfr ist super!
Abends gehe ich wieder aufs Feld. Ich bin mit @linkl_ verabredet. Das erste Mal seit über fünf Jahren. Und das war in Neuseeland... Wen diese Stadt alles für mich bereithält. Unfassbar.
Dass es nun weitergeht, ist aber genauso schön.
Tag 7 - Weiter geht's
Es fühlt sich fast an wie ein zweiter erster Tag als ich um 13 Uhr immernoch nicht fertig gepackt habe und erst eine Stunde später aus Berlin komme.
Der Unterschied ist, dass ich drei Mal so lange brauche um aus der Stadt zu kommen.
Ich weiß nicht, ob ihrs wusstet, aber Berlin ist echt sau groß^^
Während ich anfangs noch sehr langsam vorankomme und Mühe hab die Strecke zu finden, rollts ab dem Dahme-Radwanderweg wieder. Erst fahre den idyllischen Flusslauf entlang, dann durch Wälder und Wälder und Wälder. Wunderschöne Strecken, die ich nie erwartet hätte. Der Vorteil, wenn man keine Vorstellung von der Strecke hat.
Irgendwann merke ich dann, dass es garnicht wirklich Wälder sind durch die ich fahre, sondern Kiefernplantagen in Reih und Glied. Im Gegensatz zur ökologischen Vielfalt tut das der Atmosphäre, dem Geruch und der Einsamkeit aber keinen Abbruch.
Ich fahre und genieße es wieder unterwegs zu sein. Kurz denke ich, es fängt zu regnen an, doch dann wirds wieder nichts. Es bleibt trocken und der Staub wirbelt um die Reifen. Auch irgendwie schön.
Am Köthen'er See (nein nicht das Köthen aus der Spiegel TV Reportage) finde ich mein Nachtlager. Ein vermodernder Steg, der einsam verlassen durch das Schilf führt. Perfekt.
Kurz darauf jodelt es auf der Schotterstraße über mir. Max und Jo schauen von ihren Rädern zu mir runter. "Wollt ihr dazukommen?" "Klar, wenns dir nichts ausmacht." - machts nicht. Die beiden sind aus Österreich hochgefahren und Tobi, der dritte im Bunde kommt auch grad um die Ecke. Die @flitzerboys haben grad mal 12 Tage von Graz hierher gebraucht. Das macht zuversichtlich, dass meine Streckenplanung Sinn hat.
Wir erzählen von unseren Reisen, kochen Zwetschgen-Marmelade und reden vom Ankommen in Berlin. Was für ein Zufall das wieder ist. Bei den hunderten Seen in Brandenburg. Ausgerechnet der. Aber wie hätte es anders kommen können, bei meinem Reiseglück?
Tag 8 - Regen und nackte Menschen
Heute bin ich recht früh wach und kann mir mein Porridge mit der frischen Zwetschgen-Marmelade von den Grazern bereiten. Ein absoluter Traum! Währenddessen düsen die drei schon los.
Berlin is calling.
Und fürs Frühstück reichen ihre Vorräte ohnehin nicht mehr.
Kurz darauf breche auch ich auf. Das erste Mal vor 11 Uhr. Kurz nach 10 sogar. Ich fahre durch Köthen und komme bald in den Spreewald. Die Vegetation wandelt sich von Kiefernwäldern, zu Akazienhainen bis zu den sattgrünen Wasser- und Wiesenlandschaften der Spree. Alles strotzt nur so vor Lebenskraft und ich frage mich, woran das wohl liegt, wo es doch auch hier kaum geregnet hat.
Später erklärt @no_regretas__ mir, dass die Spree so voll ist, weil die Tagebauten der Lausitz so viel Wasser abpumpen müssen und das alles in der Spree landet. Ergibt Sinn. Und durch genau die Abbaugebiete fahre ich als nächstes. Jedenfalls fast. Denn ich fahre durch die stillgelegten und zu Seenlandschaften rekultivierten Tagebauten um Senftenberg. Während einige der riesigen Baggerseen nach Naturidyll aussehen, muten andere fast apokalyptisch an. Mit abgestorbenen Bäumen, die aus dem Wasser ragen wie Zahnzwischenraumbürsten und zahllosen "Betreten verboten - Lebensgefahr Schildern" am Ufer.
Meinen Schlafplatz finde ich zum Glück an einem der idyllischen Seen.
Vorher fängt es allerdings noch in strömen zu regnen an. Erst höre ich den Donner immer näher kommen, dann fahre ich mitten ins Gewitter. Der Regen prasselt auf mich herab und ich freue mich von ganzem Herzen. Die eben noch müden Beine haben wieder Kraft und auch um mich herum fängt die ganze Welt zu vibrieren an. Man spürt förmlich wie jedes Lebewesen den Regen atmet. Noch ein Traum - vor allem nach all der Trockenheit und Hitze.
Und auch weil es an meinem See nichtmehr regnet und ich nur in Hängematte schlafen kann. Am FKK-Strand von Senftenberg. Wo mir nackte Männer ihre Lebensgeschichten erzählen. Fast wie Radio, während ich mein Abendbrot genieße.
Tag 9 - Vom See nach Dresden
Wieder mal weckt mich die aufgehende Sonne, die sich im Wasser des Senftenberger See's spiegelt.
Wieder mal kann ich den Anblick nicht fassen und widme ihm eine halbe Stunde, bevor ich mich wieder in die Hängematte lege.
Dass es letzte Nacht doch noch geregnet hat, kommt mir surreal und in weiter Ferne vor. Wirklich nass geworden bin ich sowieso nicht, denn es waren nur ein paar Tropfen.
Durch die Fallschirmseide der Hängematte schaue ich der Sonne noch eine Weile beim Aufgehen zu bevor ich wieder einschlafe. Bis um 9 liege ich völlig ungestört unter den Fichten des FKK-Strands. Dann bereite ich mir mein Porridge zu und John gesellt sich zu mir. Einer der beiden von Gestern Abend. Der dessen Lebensgeschichte mich auch interessiert hat. Er spricht von seinem Leben als Bierbrauer und Travestie-Künstler, von seinem verstorbenen Mann und seinem Plan mit der Rente an diesen See zu ziehen.
Als ich mich verabschiede, wünsche ich ihm, dass es auch klappt.
Dann fahre ich wieder dahin. Erst zügig entlang von Kanälen, dann schleppend durch Dörfer und über Landstraßen. Dann kräftezehrend über die sanften Hügel von Sachsen, bis ich eine Pause an einer malerischen Kirche einlege. "Einzelmaßnahme des EU-Förderfonds" steht dran. Während ich mir die restaurierte Kirche so angucke, bin ich froh dass es den gibt. Und dass die Kastanie an der ich lehne gegossen wird und noch all ihre Blätter trägt.
Kurz darauf bin ich schon in Dresden und rase den Hang zur Innenstadt hinab. Hier die Frauenkirche, da der Zwinger und dort die Semperoper. Aber wieso lenkt Helge sich so scheiße? Ach nöööö... Ernsthaft?! Ein Platten? Gerade jetzt?
Vor der Oper Wechsel ich den Schlauch in der prallen Abendsonne.
Alles klappt und als ich wenig später mit Feierabendbier an der Elbe sitze, fühle ich mich wie ein richtiger KFZetti. Kettenschmiere an den Händen macht das mit mir.
Tag 10 & 11 - Ich bin in Tschechien!
Selten sind so viele Dinge passiert, während ich so wenig auf Helge saß.
Dresden nehme ich eigentlich ganz locker und entspannt. Es geht mir nicht darum etwas großartiges zu finden oder zu sehen, eigentlich will ich mich nur erholen und essen! Viel essen! Erst Tiefkühlpizza, Chips und Proteingrieß, dann Lion Cereals und Muffins, einmal Frühlingsrollen und Chop Suey und zum Abendessen wieder Pizza und Eis - diesmal beim Italiener.
Zwischendurch besichtige ich die Frauenkirche. Eigentlich nur ein Pflichtbesuch, doch dann wird es die erste Andacht seit meiner Konfirmation. 11 Jahre ist die her... Kaum zu glauben. Die Momente in der Kirche stoßen viele Gedanken an. Zum Beispiel wie fern von Barmherzigkeit Gläubige doch sein können und wie sehr meine Spendenaktion wohl die Erfahrungen meiner Reise prägt. Aber dazu mehr in meinem Blog.
Ansonsten Bummel ich so durch Dresden meckere über schlechten Service, freue mich über die Vielfalt der Neustadt und stehe entsetzt in einem deseetifizierten Park.
Für morgen ist zwar Regen angekündigt, doch der kommt nicht. Wie immer - wie ich von der Frau an der Touristen-Information in Bad Schandau erfahre - zieht er an der sächsischen Schweiz und Dresden vorbei. Sie schüttelt traurig den Kopf und blickt auf die Karte die sie mir gerade gezeigt hat. Die gesamte Naturregion ist für Besucher gesperrt. Waldbrände wüten nicht nur hier, sondern auch auf 1000 Hektar in Tschechien.
Hergekommen bin ich übrigens wieder an der Elbe. In Dresden zurück an den Fluss zu fahren, an dem beide meiner Reisen ihren Anfang genommen haben, fühlt sich fast heimisch an.
Abgesehen von traurigen Wetterlagen erwarten mich in Bad Schandau noch Finn und Anna. Die beiden sind heute aus Hamburg runtergefahren, um mich eine kleine Weile auf meiner Reise zu begleiten. @finnglink ist Filmemacher und möchte seine erste Doku produzieren. Meine Reise und gerade der Grenzübergang nach Tschechien passen da perfekt. Und da ist sie auch schon. Die Grenze. Wie immer in der EU spürt man sie kaum. Und doch bedeutet sie mir viel.
Das nächste Ziel ist Prag.
Tag 12 - Unter Anglern
Die Nacht ist Dunkel und voller Schrecken. So oder so ähnlich fühle ich mich, nachdem @finnglink und Anna mich gestern Abend verlassen und ich das erste mal alleine im Gebirge campiere. Vor allem nachdem ich kurz darauf höre, wie ein kleines Raubtier Beute macht. Ich bin kein Experte aber genug Naturdokus habe ich gesehen, um zu wissen, wie sich ein sterbendes Tier anhört.
Immerhin gibt es nun ein hungriges Raubtier weniger, denke ich und schlafe ein. Jedenfalls bis mich gegen 3 Uhr Nachts eine Rotte Wildschweine senkrecht in meiner Hängematte stehen lässt. Als ich klatschend auf mich aufmerksam mache, donnern sie grunzend davon.
Ich wache erst wieder auf, als Finn und Anna die Böschung herunterfahren. Wir frühstücken zusammen, drehen ein paar Szenen und verabreden uns für den Nachmittag 50 Kilometer weiter.
Damit beginnt ein weiterer Tag an der Elbe. Ich durchquere das weite Tal, das der Fluss in den Sandstein gegraben hat und staune darüber, wie wenig man doch sieht, dass auch hier Dürre droht und hinter den Hängen "alles" brennt. Das Tal ist grün und prächtig. Nur der Fluss sieht etwas schmächtig aus. Jedenfalls bis ich zu einem Sperrwerk komme, über das ich Helge tragen muss. Soviel zu Radwanderwegen. Dahinter steht der Fluss bis an die Radwegkante. Ein bisschen wirkt es, als würde Tschechien Deutschland die Elbe abdrehen.
In Leitmeritz treffe ich "mein Filmteam" wieder. Wir essen Pizza, Pasta und Salat und planen einige Aufnahmen in dieser malerischen Stadt. Die meisten Häuser sind anmutig und strahlen in allen Farben. Dazwischen einige Ruinen. Das ist wohl einer der Unterschiede zu Deutschland. Mehr verfallen lassen. Und die abenteuerlichen Radwege.
Schließlich trennen sich unsere Wege. Jedenfalls bis ich Finn 5 Minuten später Anrufe "Das musst du sehen!" - kurz darauf ist er da und wir schauen gemeinsam in die untergehende Sonne, die sich in der Elbe spiegelt und die Silhouetten des Elbsandsteingebirges in einen goldenen Dunst legt. Wir drehen eine letzte Szene, dann fahre ich davon. Bis zu meinem heutigen Schlafplatz, umgeben von Anglern, die ich nicht verstehe. Trotzdem lachen wir viel. Das versteht man überall.
Tag 13 - Nicht mein Tag... Oder?
Ich könnte diesen Post jetzt der Tatsache widmen, wie beschissen mein Tag war. Dass es von Morgens bis Abends geregnet hat und sowohl Regenhose als auch Regenjacke ihren Geist aufgaben. Dass alle meine Klamotten klitschnass wurden und und ich zwei mal auf die Schnauze gefallen bin, weil Prager Radwege darauf ausgelegt sind Reifen in Rillen zu ziehen. Dass diverse Autofahrer mein Leben für irrelevant zu halten schienen oder dass ich gesehen habe, wie mindestens 50 Grad heißes Kühlwasser direkt ausm AKW in die Elbe geleitet wird.
Aber ehrlich gesagt habe ich Tschechien heute schon genug zusammengeschrien.
Deswegen will ich zum Tagesende lieber nochmal die positiven Dinge reflektieren. Denn davon gab es selbst heute ein paar.
Angefangen damit, dass ich beim monotonen Regengeprassel und gemächlichen säuseln der anschwillenden Elbe einen wunderbaren Schlaf fand und heute morgen mit Freude feststellen durfte, dass mein Zelt nun endlich wasserdicht ist.
Dass die kleine Stadt Melnik, trotz ihres völlig ausgestorbenen Charakter abseits des Schlosses ein grandioses Café für mich bereithielt, in dem ich mich nach der ersten Durchnässung aufwärmen konnte und nicht nur ausgezeichnetes Grilled Cheese Sandwich, sondern auch noch Cappuccino bekommen habe, der mein Barrista Herz höher schlagen ließ. Was sicher nicht nur am Koffein lag.
Dass ich auf meiner Fahrt entlang der Moldau eine Vielzahl von Vögel beobachten konnte - von Fischreihern, über Enten bis hin zu Schwalben - die den anhaltenden Regen sichtlich genossen und sich vor Euphorie im nassen Gras wälzten. - zugegebenerweise nur die Enten. Aber auch alle anderen Vögel sagen glücklich aus, sofern das ein Gesicht ohne Mimik zulässt.
Dass das feuchtwarme Wetter die Hänge der Moldau in tropische Regenwälder zu verwandeln schien, die in wabernde Nebelschwaden gehüllt waren.
Oder - und das ist vielleicht das beste von allem - dass sich alle Radfahrer so breit angrinsten, wie es irgends möglich war, nur um den Regen etwas erträglicher zu machen.
Und ich am Ende von Max in eine warme Wohnung mit Dusche und Bett eingeladen wurde.
So hat jeder Tag seine zwei Seiten. Beide zu sehen hilft.
Tag 14 & 15 - Glück finden
Bei meiner Ankunft in Prag war ich noch nass bis auf die Knochen, voll Schlamm und hatte Schmerzen in der ganzen rechten Seite. Eine Nacht bei Max und die Welt sieht ganz anders aus. Alles ist frisch gewaschen, inklusive mir. Nur eins passt nicht. Gestrandet auf den Straßen von Prag und nicht den Hauch einer Ahnung, wo es als nächstes hingeht.
Couchsurfing soll in dieser Stadt jedenfalls nicht klappen. Keine der 15 Anfragen ist erfolgreich.
Also schmiede ich einen neuen Plan. Denn meine persönliche Herausforderung für keine Übernachtung zu zahlen, kann nicht schon nach zwei Wochen scheitern. Bleibt nur Leute zu fragen. Aber das ist selbst bei meiner Reise-Erfahrung etwas neues. Und weit außerhalb meiner Komfortzone. Naja.... Noch ists früh. Erstmal ein bisschen durch die Stadt bummeln, nen Kaffee hier, ein Stück Kuchen da. Vibe catchen halt. Und Mut sammeln, um ehrlich zu sein.
Irgendwann halt ichs nichtmehr aus. Es ist ungefähr 14 Uhr und ich hab nach wie vor keinen Plan von nichts. Also gehe ich in einen Park, den mir ein Typ empfohlen hat, den ich heut morgen angequatscht habe. Da wartet bestimmt irgendwas auf mich.
Bevor ich richtig drin bin, treffe ich Arthur. Ich stammel irgendwas mit specific request, bicycle trip und free accommodation vor mich hin. Dafür läufts echt gut und er würde mich gern hosten. Die Umstände verhinderns aber. Egal! Erste Schritt ist getan. Jetzt heißts nur nicht aufgeben.
20 Menschen später hatte ich noch keinen Erfolg. Zielgruppe ist auf jedenfall "Anders". Denn welcher Autonormalverbraucher würde schon einen Wildfremden bei sich zu Hause aufnehmen?
Ich schaue mich um. Da sitzt ne Gruppe Metalheads, die ich noch nicht gefragt hab. Alle in schwarz, einer halbseitig geschoren, halbseitig dreadlocks und Balken ins Gesicht tätowiert. Genau den laber ich an. Nae heißt er. Und nach ner Weile sagt er tatsächlich ja! Holy shit bin ich glücklich!
Aus einer Nacht werden zwei. Und endlich kann ich Prag von seiner schönen Seite kennenlernen. Eine Stadt, die so einzigartig und kreativ in die Hänge der Moldau gebaut wurde, dass Lissabon sich hinten anstellen kann.
Man bin ich froh diese Chance zu haben!
Tag 16 - Vom Regen in die Gräber
Heute früh heißts Abschied nehmen. Und früh meine ich auch so. Weil Nae und Axel um 7:30 Uhr zur Arbeit müssen, steh ich das erste Mal auf diesem Trip vor 8 auf. Gottlose Zeit. Aber ich bin ja auch bei nem Satanisten untergekommen...
Als die beiden los sind, bastel ich mir im Hausflur noch meine Regenschutzbekleidung zusammen und es kann losgehen.
Mit Polyethylen-Poncho, Anflerhut unterm Helm und frisch imprägnierter Regenjacke fühle ich mich bestens gewappnet für den angekündigten Dauerregen. Als ich so ausgeruht und eingepackt aus Prag fahre, sind die Radwege auch garnichtmehr so furchterregend wie noch drei Tage zuvor.
Ein letzter Blick auf die Moldau-Brücken, die die Kunterbunten Stadtteile miteinander verbinden und schon bin ich raus aus Prag. Keine 15 km gefahren und mir laufen Rehe übern Weg. Aber irgendwas ist komisch. Irgendwie fühl ich mich schon wieder nass an. Aber das kann ja garnicht sein...
Nach der Stadt kommen nurnoch nebelverhangene Hügel, tropfende Wälder, reißende Bäche und unfassbar steile Straßen. Das führt zum einen zu einer miserablen Durchschnittsgeschwindkeit aber zum anderen zu einer grandiosen Höchstgeschwindigkeit von 48,3 km/h. Und das bei nassen Straßen... Wenn dass Mama wüsste^^
Nach ner Weile mache ich Pause in einem urigen Lokal, das nur Bier und Fleisch kennt. Ich stelle fest, dass ich wirklich klitschnass bin und gönne mir beides.
Anyway... Gestärkt geht's weiter und der Nachmittag gleicht dem Vormittag. Nach knapp 100 km hab ich mein Ziel geschafft und schaue mich nach einem Schlafplatz um. Ich fahre an einem Friedhof vorbei und meine Intuition sagt mir, dass es sich lohnt nochmal umzudrehen. In einer unbenutzten Friedhofecke steht tatsächlich ein Haus, mit offener Tür. Ein trockenes Plätzchen... Da sag ich nicht nein.
Soviel dann zu den gottlosen Satanisten^^
Tag 17 - Der Grünweg
Nach elf Stunden auf der Sargtrage wache ich auf. Selten habe ich so gut geschlafen, wie auf einem Friedhof unter Spinnen... Ob mir das zu denken geben sollte?
Nach meinem Frühstück auf dem Friedhof, der bei genauerem Hinsehen fast ausschließlich für Rodina's reserviert zu sein scheint, geht es weiter. Wieder sind 100 km das Tagesziel. Bis kurz vor der Österreichischen Grenze. Dieser folgt der Greenway, auf dem ich aktuell unterwegs bin, bis er nach Wien abbiegt. Und seinem Namen macht er dabei alle Ehre.
Es ist mit Sicherheit die grünste Etappe meiner bisherigen Reise. Zentral-Tschechien mag etwas monoton wirken, doch hat es auch viel schönes an sich. Ich muss nur aufmerksam hinsehen, um Buntspechte, Schwarzstörche, Eisvögel und Adler zu sehen, die gelegentlich für eine Weile über mir kreisen, an eine Wasserkante sitzen oder nur kurz meinen Weg schneiden. Doch vor allem die weiten Hügel haben es mir angetan, die wie ein Flickenteppich von Feldern und Wäldern gesäumt sind und mich zuverlässig zum schwitzen bringen.
Immerhin denke ich beim hochfahren schon an die Abfahrt, was das ganze wesentlich erträglicher macht. Ganz im Gegenteil zu Julia, mit der ich mein 1000km Bier trinke. Das weiß ich da zwar noch nicht, trotzdem ist unser zufälliger Treffpunkt fast exakt auf diese Marke gefallen. Zurück zum Thema: Julia bereut schon die Abfahrt, da sie weiß, dass sie die nächste Auffahrt bedeutet. Ich bin mir ziemlich sicher, dass meine Methode die schlauere ist...
Als Sie mir mindestens genauso schwer beladen über den Weg fährt, grinsen wir uns an und kommen ins Gespräch. Wir verstehen uns und so kommts dann auch zu Pause und Bier.
Unter anderem erzählt sie mir von einer Wasserburg und einer malerischen Stadt. An beidem, werde ich bald vorbeikommen. Doch das wirklich besondere des Nachmittags sind die Düfte, die die Sonne hervorbringt, die sich nach tagelangem Regen endlich durch die Wolkensuppe gekämpft hat. Alles riecht nach frisch gemähtem Gras und die Tannenwälder durch die ich schon bald fahre umschließen mich mit Terpenen. Es ist herrlich!
Auch weil sich langsam alles nach Alpenvorland anfühlt. Und auf die freue ich mich seit Hamburg!
Tag 18 - Nichts für schwache Nerven
Ich schlage die Augen auf, gucke mich im Zelt um und denke "Irgendwas stimmt nicht". Erst lausche ich raus, dann guck ich durch die "Tür". Alles normal. Halt... Alles ist trocken! War nicht Regen angesagt? Und davon viel? War es, ist aber nicht gekommen. Ich genieße die Trockenheit und beginne meinen Morgen im Wald in Elbstrandmanier - in aller Ruhe.
Dann fahre ich los. Zunächst bin ich auf Landstraßen unterwegs, die mich gemächlich zwischen hügeligen Feldern dahintragen. Ich treffe die Gruppe Deutsche aus dem Restaurant und wir fahren eine Weile zusammen. Windschatten ist schon was feines. Ich denke an Heinz und die Elbe, dann setze ich mich wieder ab.
Als ich so dahinfahre überlege ich mir, dass ich ja eigentlich auch schon morgen in Wien ankommen könnte. 280km in zwei Tagen.... Sollte doch zu schaffen sein. So hätte ich vor der Alpquerung nochmal ne schön lange Pause und vorher, könnte ich nochmal meine körperlichen Grenzen austesten... Win Win, in meinem Kopf. Damit stehts fest und ich fange an mein Mindset in Richtung 120 km zu schieben. Mehr ist heute nicht drin, bei dem entspannten Morgen.
Um den Rest kümmert sich Zukunfts-Julius.
Während ich vor mich hibgrüble fällt mir auf, dass ich immer häufiger auf Waldwege und Mountainbike Trails geführt werde. Manche Hänge so steil, dass ich mich im jeweils ersten Gang hochquäle. Oben angekommen brauche ich erstmal eine Pause. Dann rase ich die andere Seite hinunter, passiere zwei Mountainbiker und komme schlitternd an einer Kante zum Stehen.
Der Blick ist unglaublich. Wohl einer der schönsten, die ich in den letzten Wochen genießen konnte.
Die Thaya hat sich hier durch die Berge gegraben und genau in diesen Moment geht die Sonne hinter der dicht bewaldeten Schlucht unter. Was ein Glück, dass ich wegen meiner Planänderung noch unterwegs bin. Dann bemerke ich @jiriwald und seine Schwester. Wir reden ein wenig, über das Privileg meiner Freizeit und sein Studium. Dann muss ich weiter. Nicht ohne ihn nach Hamburg einzuladen.
Ich fahre noch bis es dunkel ist. Ein bisschen bereue ichs zwar, doch die Sterne und das frühzeitige Überschreiten des Spendenziels sind Belohnung genug.
Tag 19 - Die nächste Traumstadt
Mein Gesicht, wenn ich an einem Tag realisiere, dass ich mein Spendenziel erreicht hab, nach vier 100km+ Tagen in Wien ankomme, den ersten Blick auf die Alpen erhasche und mir die Sonne 10 Stunden ins Gesicht scheint.
Joah und so war der Tag auch.
Zwar wache ich morgens um 7 vom Kläffen eines stimmbandkranken Hundes und der Manifestierung des THOMP-Geräusches auf, doch dafür sitze ich auch um 9 auf Helge und fahre Richtung Etappen-Ziel Nummer vier.
Eins der bedeutendsten Ziele für mich, da es die Pause vor den Ost-Alpen darstellt und damit die letzte Station im mir bekannten Europa.
Wirklich fassen kann ich nicht, dass ich dort heute ankommen werde. Und dass ich damit erst auf gut einem Drittel meiner Reise bin.
Es kommt die Grenze zu Österreich.
Danach sind alle unendlich freundlich und wirken ein wenig, als wollten sie mich verarschen. Wie der Mann am Wasserspender, der so einen dicken Dialekt hat, dass ich Mühe habe ihn zu verstehen, und mich erst fragt, ob ich Wasser auffülle - ehm.... Ja - und dann ob ich Fahrrad fahre - wieder richtig.
"Und woher" "Hamburg" "ahhh" sagt er wissentlich "das sind bestimmt 400 km?" "joah... So mehr oder weniger"
Mittag mache ich in einem wunderschönen Bistro unter Weintrauben und zu guter Musik, dann bin ich auch fast in Wien. Die letzten 45 km quälen sich zwar etwas, doch beim Gedanken an den Sprung in die Donau rollts.
Dann bin ich da. Treffe Dominic - meinen heutigen Host - springe ins Wasser und falle in den Abend.
Tag 20 - 22 - Wien: Nachts und an der Donau
In Wien mache ich Pause. So richtig. Von allem. Das ist mir auf den letzten 1260 km öfter durch den Kopf gegangen. Nur weiß ich nicht so richtig, bei wem ich da überhaupt sein werde. Aber ich gehe vom Besten aus. Immerhin sinds Freunde von @_tillschmidt_.
Als ich am Freitag völlig zerstört auf der Donau-Insel ankomme, grinst Dominic mir breit entgegen. Neben ihm sein Kumpel Lolo mit nem fetten Anarchie-Tattoo auf der Brust. - Erster Eindruck passt!
Nach dem Sprung in die Donau folgt das erste Bier. Es wird nicht das letzte sein. Denn wenig später sind wir auf dem Weg zu ner Hausparty. Alle haben Bock zu tanzen, nur ich kann meine linke Wade nicht benutzen. Also setze ich mich ab, als der Rest davon zieht. Nicht nach Hause, sondern auf Hausparty Nummer 2. Wo ich absolut niemanden auch nur im Ansatz kenne.
Um 6:30 Uhr falle ich ins Bett. So viel zur Pause.
Wie sich am nächsten Morgen rausstellt wohnt Dominic mit @maximnpmk zusammen. Beide sind so ziemlich die besten Hosts die ich mir vorstellen könnte.
Die Tage verbringen wir mit gutem Essen und im Wasser, die Nächte in Parks über der Stadt.
Gefühlt hat ganz Wien Semesterferien und ich bekomme drei Tage leichtes Leben serviert. Was ein Glückstreffer. Am Ende also genau die Pause, die ich mir vorgestellt habe. Ich nenns Intuition, Dominic Love Attraction. Kommt aufs gleiche hinaus. Wenn du was willst, passiert es auch - solange du die Möglichkeit dafür einräumst.
Einer meiner Lieblingsmomente kommt am letzten vollen Tag, als ich Dominic und Vicky zum x-ten Mal voll laber, dass ich jetzt endlich von einer dieser Brücken springen will. Also hin da. Abtauchen, rauf und straight mit Dominic wieder runter. So weit so gut. Bei Sprung zwei sind neben Vicky auch @erenpuke und @simon_zll dabei. Zwei Typen, die halt grad zur richtigen Zeit am richtigen Ort waren. Beide glücklich, dass sie zu Schabernack animiert wurden.
Wir stehen oben.
"Ich leb ewig in Wien, aber auf die Idee da runterzuspringen bin ich noch nicht gekommen"
Dann unten
"Ich bin voll Adrenalin, ich genieß noch das Wasser"
Dann an Land
"Du musst öfter nach Wien kommen!"
Ja... Ich denk das werd ich.
Tag 23 & 24 - Wo bleiben die Berge?
Meine Pause in Wien neigt sich dem Ende und ich gebe zu, wäre ich länger geblieben, wär es nicht weitergegangen mit meiner Tour.
Als ich mich von den Jungs verabschiede, hab ich das Gefühl tatsächlich neue Freunde gewonnen zu haben. Leichter macht es das nicht, die Stadt zu verlassen.
Umso besser, dass ich für die nächsten zwei Tage von @mi.a.nika begleitet werde. Denn in Gesellschaft fährts sich doch leichter. Und so fahren wir in den ersten 3,5 Stunden auch locker 70 km.
70 km die uns über flaches Land tragen, auf dem ein Feld ans andere gereiht ist und alle vier Felder ein Dorf kommt. Jedes weitere erinnert mich etwas mehr an das Österreich was ich aus Heidi kenne. Auch wenn Heidi in der Schweiz spielt... Abgesehen von den Blockhäusern und Natursteinbrücken habe ich mir die Strecken durch Österreich ehrlicherweise aber anders vorgestellt. Denn hier ist nach wie vor alles Flach.
Zwar kommen zum Abend die Berge in Sicht und glühen feuerrot im Sonnenuntergang, doch fahren wir kaum einen Höhenmeter. Statt am Bergsee schlafen wir an einer Talaue. Auch schön.
Der nächste Tag geht ähnlich los. Die ersten zwei Stunden sind so platt, dass ich mich über den ersten Hang den ich erklimme fast schon freue. Nichtmehr lange. Denn der erste Hang hört nicht auf. Und bald haben wir auf knapp 15 km Strecke 1.000 Höhenmeter gewuppt. Ne andere Anstrengung als nur auf und ab zu fahren.
Dafür sind wir jetzt auf einer Alm und blicken beidseitig ins Tal. Hinter uns, Miriams Weg zurück nach Wien, vor uns, mein Weg an die Adria. Aber bevor es weitergeht gibt's Knödel und Bier. Und dann einen verregneten Abend im Zelt, das wir im Alm-Garten aufschlagen durften.
Zum Strecke machen, bleibt genug Zeit.
Tag 25 - Allein ins Unbekannte
Ich liege auf dem Rücken in einem sandigen Flussbett der Steiermark. Ziemlich genau so, wie auf dem Foto, dass @finnglink so vor zehn Tagen von mir gemacht hat.
An sich ist der Tag wie jeder andere gelaufen. Nur, dass er es nicht ist. Denn an jedem anderen Tag wache ich alleine auf, frühstücke alleine, packe alleine meine Sachen und fahre genauso mutterseelenallein quer durch den Tag. Was fein ist. Sonst hätte ich es mir nicht ausgesucht.
Heute musste ich mich dagegen nach dem Packen von @mi.a.nika verabschieden. Sie war zwar keine 48 Stunden dabei, trotzdem habe ich mich sehr schnell ans gemeinsame unterwegs sein gewöhnt. Vor allem, weil vor mir das große Unbekannte liegt und hinter mir Wien, wo ich fast schon etwas zu sehr angekommen bin.
Ein bisschen fühlt es sich an, wie ein neuer Aufbruch. Nur weniger euphorisch.
Hinzu kommt, dass wohl noch so 1.800 km vor mir liegen, in denen ich kein einziges richtiges Etappenziel habe. Das muss ich ändern!
Abgesehen davon war die Fahrt durch die Steiermark alles andere als Alpen-Romantik. Quasi ohne Unterbrechung fahre ich durch völlig zersiedelte Landstriche, die nur von Autobahnen und Bundesstraßen zerrissen werden. Und denen folgen auch noch die Radwege.
Das hoch der Gefühle sind eine viel zu süße Kardinals-Schnitte zum Mittag und mein Lagerplatz am Abend. Hier treiben meine Gedanken im seichten Flussbett zwar auch nur so vor sich hin, aber dafür ists schön und das Rauschen des Sperrwerks erinnert mich an Wasserfälle.
Ich stelle mir vor, wie das Wasser in die Adria fließt und frage mich, wer wohl als erstes da sein wird. Dann gucke ich nach. Die Feistritz fließt in die Raab und die in die Donau. Immerhin... Ganz am Ende wird auch dieses Wasser im Mittelmeer landen.
Und da will auch ich hin. Auch wenn das Ziel gerade etwas verschwommen ist. Etwas zu weit und zu undefiniert. An den Moment zu denken, in dem ich mich das erste Mal in die salzigen Fluten stürze, lässt mich grinsen. Und damit lässt sich arbeiten.
Auf nach Ljubljana!
Tag 26 - Überraschend ein Bett
Als ich heute morgen gemächlich vom steten Rauschen des Sperrwerkes aus den Träumen gezogen werde und verschlafen aus der Hängematte kletter, ahne ich noch nicht, dass ich die nächste Nacht in Daunenbetten verbringen würde.
Woher auch?
Aber der Reihe nach. An sich bin ich heute morgen nämlich noch etwas grummelig, weil ich nach wie vor keinen Schlafplatz für Ljubljana habe. Trotzdem verbringe ich den Morgen am Strand unterm Sperrwerk und genieße die Ruhe, die mir gelassen wird. Dann fahre ich los.
Recht schnell fällt mir auf, dass ich durch eine andere Steiermark zu fahren scheine. Weniger zersiedelt, kleinere Felder, die Straßen kaum mehr als asphaltierte Feldwege. In einem Wort: Schee - ist glaub ich bayrisch, passt aber auch.
Auf dem Weg nur Helge, meine Gedanken und Ich. Und abgesehen von den steilen Hügeln, der teilweise fehlenden Radweg-Beschilderung und meiner quietschenden Sattelfederung läuft alles wie geschmiert.
Nicht schnell aber stetig.
Schließlich komme ich an die Slowenischen Grenze und habe das Gefühl in die Toskana zu blicken. Winzige Felder, die von Zypressen getrennt werden und gelegentlich eine schlichte weiß verputzte Kirche. Ich werde ihr eine Weile auf Österreichischer Seite folgen. Und auch hier ist es an malerischer Landschaft kaum zu überbieten. Hinzu kommt der Duft von tausenden Apfelbäumen, die meinen Weg säumen.
Kurz darauf beginne ich mich nach einem Schlafplatz umzusehen. Oberste Priorität: eine Waschmöglichkeit. Denn wenn ich eine Sache in Ost-Österreich vermisse, dann ist es klares Wasser. Sehr zu meiner Überraschung, um ehrlich zu sein.
Als ich an einem suppigen Angelteich vorbeifahre spricht mich ein Ehepaar an. "Bist schon länger unterwegs?" - Das kann man so sagen. Kurz darauf spendieren sie mir den Sprung ins benachbarte Naturfreibad und wir sprechen über Klimawandel, Zersiedelung und die anhaltende Dürre. Und darüber wie Sigrid in ihrer Kindheit in den lupenreinen Bächen der Region zwischen Flusskrebsen geplantscht hat.
Keine halbe Stunde später laden Rupert und sie mich zum Abendessen und einer Nacht im Federbett ein. Es gibt Tomatensalat mit Kernöl und reichlich Brot.
Köstlich!
Tag 27 - Gastfreundschaft
8:00 Uhr - Mein Wecker klingelt und der Geruch von frisch gekochter Polenta hängt in der Luft. Desorientiert schaue ich mich um. Wieso lieg ich in nem Bett? Und warum sind hier lauter Gemälde von Paris an der Wand? Ich gucke neben mich und sehe meine Packtasche. Langsam kommt die Erinnerung zurück. Die Erinnerung, dass ich von Sigrid und Rupert eingeladen wurde, die Nacht zu bleiben, dass ich ihre Tochter Rita und Enkelin Thea kennengelernt habe und die Erinnerung an die vielen Erzählungen.
Von Geschichten übers Reisen in den 80ern. Vom menschenleeren Lasa in Tibet, von Kindern, die bei der Neuigkeit von Reisenden von allen Seiten hergelaufen kamen, von der ersten Supermarkteröffnung in Kathmandu und von einem Hongkong in dem nur 16 Stockwerke hoch gebaut werden durfte.
Alles war anders und nichts war globalisiert.
Bei dem Gedanken muss ich Grinsen.
Ich springe in die Dusche und gehe runter zum gemeinsamen Frühstück.
Diesmal ist auch die Oma dabei und wir sprechen von der alten Zeit. Wobei ich nicht viel sage, denn die meiste Zeit höre ich einfach zu. Über den Mangel nach dem 2. Weltkrieg, als ganze Familien von Feldern gelebt haben, die man in Schleswig-Holstein garnicht bewirtschaften würde, weil sie so klein sind. Über die mühselige Herstellung von Kürbiskernöl, das so bezeichnend für die Süd-Steier ist und so hervorragend im Salat schmeckt. Über die vielen Früchte die auf den kleinen Feldern wuchsen. Von Käfer-Bohnen, Rüben, alten Mais-Sorten, Kürbissen, Flieder, Pflaumen, Äpfeln bis hin zu Buchweizen.
Theas Urgroßmutter wirkt sichtlich betrübt über die großen Felder und die geringe Vielfalt auf ihnen. Und über die Hitze.
Und das obwohl es hier bis Juli ganz normal geregnet hat und mir die Felder winzig vorkommen. Kein Vergleich zu Brandenburg, wo ich Kilometer für Kilometer durch die gleichen Felder fuhr und es seit April keinen richtigen Regen mehr gab.
Als ich losfahre, fahre ich mit einem anderen Blick. Es ist schön und doch denke ich drüber nach wie es wohl war. Damals als man noch in den Bächen baden konnte. Und die Kürbisfelder per Hand bestellt wurden.
Ein Blick vom Murturm, dann bin ich schon in Slowenien.
Tag 28 - Wunderschönes Slowenien
Slowenien ist wieder mal so ein Land, von dem ich keine Ahnung habe. Ich hätte mich natürlich informieren können, aber wo wäre da der Witz? Also fahre ich ohne jegliche Vorstellung über die Grenze. Und ohne jegliche Erwartung. In der Regel, kann man da nur positiv überrascht werden. Dachte ich zumindest.
Denn im ersten Moment, ist Slowenien alles andere als schön. Der Radweg läuft parallel zur Autobahn oder auf der Bundesstraße. Nichts ist ausgeschildert und die Strecke von Österreich bis Maribor ist mindestens so zersiedelt wie die nördliche Steiermark.
Na das kann ja was werden.
Und so fahre ich die ersten 50 km durchs Land und erfreue mich hauptsächlich an den schönen, glatten, EU-Mittel-finanzierten Straßen. Das ist übrigens wirklich so, hier stehen überall Schilder, die die Slowenen daran erinnern, wem sie ihre tollen neuen Straßen zu verdanken haben.
Aber das war alles Gestern.
Heute entscheide ich mich, die Hauptstraße zu verlassen und per Navigation über die schmalen Wege zu fahren, die die kleineren Orte miteinander verbinden.
Eine gute Entscheidung.
Denn plötzlich entpuppt sich die slowenische Steiermark als mindestens genauso hinreißend, wie ihr Süd-Österreichischer Vetter.
Die wesentlichen Unterschiede:
Der Mais wird an den sonnenbeschienenen Scheunenwänden getrocknet und statt Wein wird Hopfen angebaut.
Gegen Nachmittag fahre ich auf meinen heutigen Endgegner zu. 900 Höhenmeter, die gefühlt senkrecht bergauf gehen. Doch mein Wasser ist leer. Also frage ich eine Familie, die in einer Scheune die Vuelta schaut, ob ich meine Flaschen auffüllen darf. - Klar. Nur Wasser? Willst du nicht auch ein Bier?
Was soll ich sagen... Regel Nummer 1: Alles annehmen, was dir angeboten wird. Also bleibe ich. Aus einem Bier, wird ein Teller voll Tomatensalat, Brot und Hühnerschenkeln (ja ich nenne mich zwar Vegetarier, aber Regel Nummer 1 bleibt halt Regel Nummer 1).
Doch als ich weiterfahre kommts erst richtig dicke. Während ich mich den Berg hinaufkämpfe fängt es zu Gewittern an und überall um mich donnerts. Erstmal blöd. Bis ich den Ausblick sehe, den mir das Wetter beschert.
Atemberaubend!
Danke für die Verzögerung!
Tag 29 & 32 - Kollektive Freiheit
Vor ein paar Tagen wache ich zum steten Platschen der Fische auf, die im See neben mir Insekten von der
glitzernden Wasseroberfläche schnappen. Ich habe immernoch die unbeschreiblich schöne Passfahrt vom Tag zuvor im Kopf.
Dieses Gefühl trage ich nach Ljubljana.
Angekommen weiß ich sofort, dass bleiben will. Und um genau zu sein, stelle ich exakt zwei Fragen, die zu einer der spannendsten Erfahrungen der bisherigen Reise führen.
Eigentlich suche ich nur einen Platz zum Schlafen.
Dann schicken mich ein ein-ohriger Künstler und drei Studenten vom Stadtzentrum, zur Metelkova und von dort zu PLAC.
Dem neuen autonomen Raum in Ljubljana.
Der Besetzung einer Mensa, die noch aus Titos Zeiten stammt.
Ein Platz an dem schon immer ohne großes Geld viel gelebt wurde.
Platz der alle einlädt, ihre Ideen zu verwirklichen.
Solange die Gemeinheit etwas davon hat.
Und das tun wir. Der erste Schritt: Den Platz befreien. Von 10 Jahren Zerfall und Verwahrlosung. Dreck, Unrat, Chaos, nutzloses, Dunkelheit und Gestank müssen raus.
Gelegentlich wird es widerlich, aber nun gut, so ist das Leben in der Hausbesetzung.
Ich reiße Kessel auseinander, leere Kellerräume, repariere Fenster und Toiletten, bereite Frühstück, flechte Stühle und baue eine Couch zusammen.
Anfangs bin ich nur der Tourist. Dann der Hippy.
Doch meine Arbeit bleibt nicht unbemerkt. Am 3. Tag kommt Tine - mein größter Skeptiker - zu mir und klopft mir mit den Worten "You are no normal Hippy... You get shit done!" auf die Schulter.
Dann komme ich wirklich an. Es hat eine Weile gedauert aber es hat sich gelohnt.
Die Freiheit des Reisens an einem Ort.
Domestizierte Freiheit.
Durch ein gemeinsames Projekt.
Lebensraum für alle.
Das einzige was mich stört: Als nach drei Tagen harter Arbeit die erste Couch im ersten sauberen Zimmer steht, schläft niemand derjenigen darauf, die in den letzten Tagen so unfassbar viel Energie in diesen Ort gesteckt haben. So viel Zeit.
Sondern irgendwer.
Irgendein Tourist.
Aber so ist das Leben im Kollektiv.
Und ich bin überaus dankbar, für den Blick, den ich in diese Gemeinschaft werfen darf.
Sozialismus in seiner reinsten Form.
Tag 33 - 35 - Ein Teil bleibt
Sieben Tage PLAC.
Sieben Tage, die sich nach zwei anfühlen und gleichzeitig den Eindruck eines ganzen Jahres hinterlassen.
Nicht, dass ich die autonome Szene nicht aus Deutschland kannte. Aber dort kam sie mir immer sehr geschlossen vor.
Nicht wie hier. PLAC war einfach froh über jeden Menschen der da war. Egal ob deutscher Fahrrad-Hippy, Alt-Autonomer, junge Punkerin, 24/7-Bachelorarbeit-Schreiberin oder die ganz normalen Nachbarn, die auch Teil der Gemeinschaft werden sollen.
Und wenn man sich engagier, ist man nach spätestens vier Tagen vollständiges Mitglied. Moderiert Versammlungen, delegiert Aufgaben, bringt Feedback ein, überlegt sich selbst, was am meisten gebraucht wird und setzt es dann um. Ist Baumeister, Kummerkasten, Berater, Lehrer, Schüler und trotzdem noch man selbst.
So auch im Bauprojekt der Box. Denn nachdem ich drei Tage die alte Küche rausreiße, will ich auch etwas konstruktives hinterlassen. Also schnappe ich mir mit Aljazz das ungenutzte Altholz im Keller und wir zimmern uns was zusammen. Aus dem Plan einer Box wird spontan eine Bank. Und die ist so schwer und massiv, dass sie wohl für immer dort stehen wird.
Perfekt. Für immer, so wie auch PLAC hoffentlich für immer fortbesteht.
Doch die Bank ist nicht das einzige was bleibt.
Denn mit der Zeit und den Aufgaben wächst so ein völlig fremder Ort dann halt ins Herz. Und man selbst wird ein Teil davon.
Ein Teil der da bleibt und ein Teil der geht. Der gemeinsame Kampf der letzten Tage macht es nicht leichter auf Wiedersehen zu sagen.
All denen, die ich so schnell nichtmehr vergessen werde. Wie Ajda, Aljazz, Zica, Marko, Maja, Meggy und die vielen anderen.
Aber immerhin das... Auf Wiedersehen. Denn wenn ich mir jemals sicher war, dass es ein Wiedersehen gibt, dann hier.
Am letzten Abend ist Picknick mit den Nachbarn und ich hab viel organisiert. Ständig kommen Leute zu mir, die Fragen haben und Hilfe brauchen. Alles fühlt sich surreal an. Fast schon etwas zu sehr nach zu Hause.
Meine letzte Amtshandlung ist, dass ich Johann einlade eine Nacht vorbeizuschauen. Ein Kumpel vom Dorf sozusagen. Und dafür muss ich nichtmal jemanden fragen.
Autonomie halt.
Tag 36 - Für diese Momente
Ich sitze an der Adria.
Endlich.
Ganz kann ich es noch nicht fassen, dass ich mit dem Fahrrad ans Mittelmeer gefahren bin. Welches mich dann auch noch mit einem Farbspektakel von einem Sonnenuntergang empfängt.
Es könnte nicht besser sein, als jetzt gerade, beim Rauschen der Wellen, dem Knacken des Feuers und der letzten Abenddämmerung an diesem Steinstrand zu sitzen und einfach zu genießen.
Endlich.
Für genau diese Momente - dieses Gefühl des Ankommens, mitten im Nirgendwo - mache ich das alles. Zumindest fühlt es sich gerade so an.
Und auf dem Weg hierher?
Die letzte Nacht war kalt und ich froh, dass ich eine Heizung in Form von Johann neben mir liegen habe. Nachdem ich ihn in PLAC eingeladen hatte, war es mit meinem Zelt auch nicht mehr weit hin.
Heute Morgen trennen sich unsere Wege dann wieder. Er will nach Pirna, ich nach Krk.
Der Weg durch Slowenien ist wieder mal wunderschön. Grüne Berge, ruhige Straßen und Häuser, die mich immer mehr an Italien erinnern.
Dann fahre ich den letzten slowenischen Berg hinauf und stutze. Ist da vorne ein Stahltor? Das von Stacheldraht umgeben ist? So ganz kann ichs noch nicht glauben... Immerhin bin ich doch an der Grenze von zwei EU-Staaten. Doch dann ists tatsächlich so. Es bleibt nur eins... Helge und die Taschen rüberheben und dann selbst hinterher. Auf 10 km Umweg, habe ich nämlich keine Lust.
Und schon lächerlich das Ganze... Da gibt eine vermeintlich linke Regierung Millionen von Euro für dreifach-gerollte Stacheldrahtmauern aus, und man kann relativ einfach samt Fahrrad und Gepäck drüberklettern. Wenn ihr schon die Festung Europa wollt, dann bemüht euch wenigstens^^
Dann bin ich in Kroatien. Alles sieht nach etwas weniger Geld aus aber ansonsten recht ähnlich. Mehr Häuser mit Einschusslöchern. Und dann, nach fast zweitausend Kilometern, biege ich um eine Kurve und sehe die Adria. Türkisblaues Wasser und Bergkämme, die die Bucht von Rijeka links und rechts einschließen.
Zwischen mir und dem Meer liegt nurnoch die Stadt. Mit ihren zahllosen wirr angelegten Straßen, Ziegeldächern und riesigen Hafenanlagen.
Und schließlich, kann ich endlich hineinfallen. 50 km später, auf Krk.
Tag 37 - Von Bucht zu Bucht
Heute fühlt sich nach Urlaub an.
Ich schlafe aus und springe als erstes in die Adria.
Ich mache Morgensport und falle direkt nochmal rein.
Dann Frühstücke ich... Und wieder ab ins Meer.
Bevor ich Helge den mühseligen Hang hinaufschiebe, gönne ich mir noch ein letztes Bad. Inzwischen ist es 13 Uhr aber ich hab so lange auf das klare blaue und salzige Nass gewartet, da machen die zwei Stunden auch keinen Unterschied.
Dann geht's von Krk mit der Fähre nach Cres. Wieso weiß ich nicht so wirklich. Auf dem Weg liegt es jedenfalls nicht. Aber es sah so schön aus heute morgen, auf der anderen Seite der Bucht, da wollte ich mal vorbeischauen.
Und schön ist es. Ein ewig langer Berg streckt seinen Rücken aus dem Meer und bietet Platz für reichlich Leben. Vor allem Pinien, Oliven, Eidechsen und Adler. Der Duft der Piniennadeln liegt in der Luft und das auf und ab des Berges gleitet unter mir dahin.
Während ich so vor mich hinfahre und mich über die Bienenkästen und das herrliche Wetter freue, überholt mich ein Van und fährt vor mir rechts ran. Ein Typ steigt aus und hält mir seine Gopro ins Gesicht, während er neben mir herjoggt:
"Great Bikepack! Where are you from?" - Hamburg
"That's awesome Dude! My friend is going to train for Paralympics here - what do you think of that?" - EPIC!
Als die beiden mich erneut überholen, geht das Interview noch etwas weiter.
Später kommt mir einer von den beiden auf dem Rennrad entgegen. Beide Beine gehen an den Knien in Prothesen über. Er schreit mir Hamburg zu, ich antworte Epic.
Und das ist es. Stellt euch mal vor... Keine Beine und trotzdem große Ziele.
Den ganzen restlichen Tag freue ich mich über diese Begegnung. Sie ist völlig willkürlich und doch gibt sie Kraft und motiviert.
Und so fahre ich schmunzelnd über Cres, vorbei an krächzenden Omas, steinernen Kirchen, azurblauen Buchten und einer Menge Campingplätze. Bis ich eine kleine Bucht 40 Meter unter der Straße entdecke. Und einen Weg, für den ich nur ein kleines Stück zurück fahren muss. Er ist noch abenteuerlicher als Gestern aber dafür habe ich die Bucht ganz für mich allein.
Mal sehen, wohin es mich morgen verschlägt.
Tag 38 - Gestrandet
Alle haben mir Island-Hopping empfohlen. Wirklich alle, mit denen ich über meinen Plan die Küste von Kroatien runterzufahren geredet habe, meinten, es wäre einfacher, schöner und würde sich mehr lohnen.
Schön sind die Inseln auf jeden Fall. Nur hat halt keiner bedacht, dass ich in der Nebensaison fahre und der Fährzyklus sich von täglich auf zwei mal die Woche verschiebt.
Klar, hätte ich das recherchieren können. Aber ich plane meine Route halt nicht. Und das ist dann der offensichtliche Nachteil.
Besonders nervig ist dabei, dass ab morgen Sturm angesagt ist und nichtmal klar ist, ob die Fähre am Freitag fährt. Sonst muss ich bis Montag warten... Oder mir etwas anderes überlegen.
Besonders schön ist dagegen die Insel selbst. In der Nacht werde ich ein paar mal wach, weil der Wind zunehmend durch die knorrigen Pinien peitscht, zwischen die ich meine Hängematte gespannt habe. Ich drehe mich auf die andere Seite, sodass die Hängematte zum Windschutz wird. Das Rauschen der Wellen wiegt mich schnell wieder in den Schlaf. Als ich wieder aufwache ist der Himmel etwas zugezogen und die Luft abgekühlt. Das Wasser ist aber genauso warm wie gestern und ich springe rein.
Dann trage ich Helge den steinigen Pfad hinauf und fahre die 15 km bis Mali Losinj über eine Küstenstraße wie aus dem Bilderbuch.
Nach meiner Ankunft und der Erkenntnis über die Fähren sitze ich erstmal etwas bedröppelt im Hafen. Esse mein Mittag und Blicke auf die Wellen, in denen das Sonnenlicht so lustig glitzert.
Dann frage ich einige Fischer, Hafenarbeiter und Segler, ob nicht doch zufällig irgendjemand ans Festland fährt. Die Antwort ist immer gleich. Es hilft alles nichts. Jedes Schiff und Boot wird eingeholt und sturmfest gemacht.
Wohl oder Übel muss ich eine Zwangspause einlegen. Entschleunigen. Obwohl ich nach PLAC doch grad erst richtig loslegen wollte.
Aber was solls.
Ich schaue mich auf der Insel um, radle über schmale Betonpfade, die sich zwischen Pinien und Ufer entlangwinden und halte bei dem ein oder anderen Strand. Dabei entdecke ich eine verlassene Villa, in der ich heute übernachten will. Hausbesetzung Part II sozusagen. Nur halt ohne politisches Statement.
Tag 39 & 40 - Geschenkte Zeit
Als ich realisiere, dass ich auf auf Losinj [Loschin] gestrandet bin, bin ich genervt und fühle mich ein bisschen wie in einer Zwangsjacke. Ich muss hier raus und will mich bewegen. Aber es geht nicht.
Welcome to the life on an island schallt mir durch den Kopf. Fast schon bedrohlich, prankt der Satz des Hafenarbeiters in meinem Schädel.
Ich suche die Insel nach Schlafplätzen ab, überlege eine alte Villa zu besetzen und mache Pläne in welchen Cafés ich die Zeit in dem "Sturm" überbrücken kann, vor den mich so ziemlich alle im Hafen gewarnt haben.
Doch dann kommt alles anders. Denn ich erinnere mich daran das Couchsurfing existiert und mir in genau solchen Situationen eigentlich immer gute Dienste geleistet hat.
Und so auch dieses Mal. @robby27ibrida akzeptiert meine Anfrage fast sofort, obwohl sie sich die App gerade erst runtergeladen hat und noch keinerlei Erfahrungen sammeln konnte.
Ich hätte es nicht besser treffen können! Zufällig stolpere ich in die wohl liebenswerteste Familie der Insel. Zumindest gehe ich davon aus, denn wenn sie es nicht ist, muss dieses Fleckchen Land von Engeln bewohnt werden. Denn Roberta, Dean und Ines heißen mich nicht nur in ihrem zu Hause willkommen.
Sie nehmen mich in ihren familiären Alltag auf, zeigen mir ihre liebsten Orte, laden mich zum Abendessen mit Freunden ein, kochen für mich und geben mir mal wieder das warme und vertraute Gefühl, dass ich angekommen bin.
Angekommen an einem Ort, an dem ich nie sein wollte. Und doch dringend sein sollte.
Denn statt meine Zeit hier als verschenkt zu sehen, blicke ich auf neue Eindrücke, entspannte Lebenseinstellungen und ungeahnte Perspektiven zurück. Und auf eine unfassbar schöne Insel, die mich sehnsüchtig an meine Zeit in Indonesien denken lässt.
Der Sonnenuntergang auf einem der vielen Berge ist der krönende Abschluss, bevor ich am nächsten Tag die Fähre zum Festland nehme.
Welcome to the life on an island, denke ich, als ich mich langsam von der Insel entferne, während die Sonne in der Adria versinkt.
Ach und der Sturm, vor dem mich alle gewarnt haben? Der kam garnicht. Nur eine kräftige Böe aus dem Süden.
Sie nennen sie Jugo.
Tag 41 - Regen, Wind und andere Verrückte
Noch gestern Abend, als ich auf der Fähre in den Sonnenuntergang segle, treffe ich neue Freunde. Und davon, gleich ne ganze Bande. Denn ich bin nicht der einzige Bikepacker, der gestandet auf Losinj auf eine Fähre wartet. Und wenn man schonmal sieben Stunden Zeit hat, sich im Rudel auszutauschen, nutzt man die natürlich gerne. Eigentlich wollte ich zwar schreiben, aber nun gut, das kann ich auch wann anders machen.
Wir sprechen über unsere Reisen, woher wir kommen, wohin wir wollen, wieviel Zeit wir haben und was wir sonst so machen. Ein bisschen fühlt es sich an, wie im Backpacker-Camp in Neuseeland. Nur eben etwas nischiger.
Von absoluten Anfängern bis zu erfahrenen Profis sind alle Kategorien an Fahrradreisenden dabei. Ich selbst bin irgendwo im Abenteuer-Spektrum verortet. - Wen wunderts^^
Als wir nach nur sechs Stunden in Zadar ankommen, hat keiner von uns die Zeit für sich gefunden, die wir uns alle von der Fähre versprochen haben. Dafür aber uns, unsere Erfahrungen und neue Reisegefährten. Denn im Prinzip, sind wir alle auf dem Weg nach Griechenland.
Für die Nacht trennen sich unsere Wege dann erstmal. Natasha und Emily laden mich in ihr Guesthouse ein und sowohl Theo und Agath als auch Christos und Raffael fahren in ihre eigenen Unterkünfte. Ich bin froh, nicht noch durch die Nacht und aus der Stadt fahren zu müssen und falle wenig später ins Bett.
Der nächste Morgen bringt Rührei-Frühstück, Kaffee, drei Reisegruppen und durchwachsenes Wetter. Zunächst fahren wir durch strahlenden Sonnenschein in den Wind. Letzterer nimmt zu und schiebt Wolken über die frühlinghaft grünen Hügel, durch die wir fahren. Kurz darauf fängt es in strömen an zu regnen und die grünen Hänge weichen verbrannter Erde.
Es ist das zweite Mal, dass es auf meiner Reise richtig kalt wird. Und weil auch die anderen frieren, zerbröselt unser Plan, gemeinsam wildzucampen. Am Ende bin ich der einzige, der kurz hinter Sibenik am Strand sein Lager aufschlägt.
Aber ehrlich gesagt, passt mir das ganz gut. Denn die Gegend hier ist ohnehin viel zu besiedelt um große Strandgelage zu feiern. Und außerdem finde ich endlich Zeit für Buch und Blog.
Tag 42 & 43 - Spontan umentschlossen
Knapp eineinhalb Monate bin ich jetzt alleine auf dem Rad unterwegs. Zumindest zum allergrößten Teil. Dass es enorm viel Freude bereitet und die Motivation vorantreibt nun in einer Gruppe zu fahren, kann und will ich nicht abstreiten. Deswegen bin ich froh, dass ich mich nach meiner Nacht am Strand wieder mit Natasha treffe, um gemeinsam nach Split zu fahren.
90 km Küstenstraße, Sonnenschein und Rückenwind. Und dazu bin ich komplett ausgeschlafen. Denn außer den kroatischen Anglern, die um 6 Uhr an meiner Hängematte vorbeilaufen und mir einen Guten Morgen wünschen, schlafe ich knapp zehn Stunden ohne Unterbrechung. Entsprechend zügig rollen wir über den Asphalt. Der Blick aufs Meer und auf die Strecken-Gefährtin, die ein noch deutliches besseres Tempo an den Tag legt als ich. Und das, obwohl sie in den letzten zwei Monaten fast ohne Pause von London hierher gefahren ist.
Irre! - im positivsten Sinne des Wortes.
Zwischendurch halten wir an einem Granatapfelbaum, dann sind wir schon da. Springen zum Sonnenuntergang in die Wellen und entscheiden uns dann, zusammen mit den anderen ein Apartment zu buchen. Sie zahlen die Unterkunft, ich das Essen. Passables Workaround für meine Prinzipien. Denn zum Essen, lade ich ohnehin jeden einzelnen der Bande gerne ein.
Es gibt Gemüse-Risotto mit Pilzen, Zuchini, Apfel und Orange. Eine Küche ist schon was feines.
Am nächsten Morgen trennen sich unsere Wege dann. Jedenfalls war das der Plan. Denn Theo und Agath, fahren nach Bosnien, Natasha nimmt die Fähre nach Dubrovnik, Raffa und Christos wollen auf die Inseln und ich eigentlich weiter gen Süden.
Eine halbe Stunde später, bin ich dann auch auf einer Fähre. Wie genau ich diese Entscheidung getroffen habe, weiß ich nicht genau. Aber ich freu mich drüber. Und über die Zeit, die wir noch zusammen verbringen können. Denn zusammen mit den beiden Jungs, denen ich mich angeschlossen hab, fühlt sich alles noch etwas mehr nach Urlaub an.
Wir kreuzen durch die Adria, radeln über die nächste Felseninsel und wollen direkt eine Insel weiter hüpfen. Kurz denken wir, wir sind wieder gestrandet, doch dann kommen wir doch weiter.
Ein Glück.
Tag 44 - Survival Lehrer
Als wir gestern Abend auf Korcula ankommen, versinkt die Sonne gerade im Meer. Bis wir unseren Schlafplatz zwischen Oliven-bewachsenen Terrassen und den Wellen finden, ist es fast dunkel.
Die Vorbereitung für die Nacht beginnt. Mit dem Unterschied, dass Christos und Raffi noch nie Wildcampen waren und ihr Equipment nicht kennen.
Spoileralarm: Es ist nicht gut.
Mit Raffi's Hängematte ist sein Onkel vor 40 Jahren durch Italien gereist. Christos hat sich seine von seiner Freundin geliehen. Die 2,5 Köpfe kleiner ist als er und eine entsprechend unterdimensionierte Hängematte hat.
Trotzdem schaffen wir es, das Lager zwischen die Pinien zu spannen, die uns einen fantastischen Blick auf die Wellen, die Nachbarinseln und die Berge des Festlands gewähren.
Jedenfalls würden sie das, wenn wir noch etwas sehen könnten.
Die nächste Herausforderung ist das Feuer. Erst bereiten wir alles, dann gebe ich Christos meinen Feuerstahl. Kurz bevor ihm die Finger abfallen, schlägt der Funke eine Flamme und es wird warm. Ich bin schwer beeindruckt, von seinem ersten Versuch. Und er ist schwer begeistert.
Endlich können wir kochen. Wieder gibt es Risotto. In drei Gängen. Immerhin haben wir für drei ausgehungerte Männer nur meinen "2-Personen-Topf" - den ich zu jeder Mahlzeit alleine leer esse.
Um Mitternacht sind wir satt und fallen in die Matten. Wie immer schlafe ich hervorragend. Bis mich die aufgehende Sonne weckt, die sich hinter den Bergen über das Meer erhebt. Ein paar Stunden später, sieht man den beiden die erste Nacht unter Sternen an. Müde Augen und schläfriger Gang. Doch nach einer Weile, legt sich die Angeschlagenheit und wir radeln weiter.
Weiter über Korcula. Und was das für eine Insel ist! Unfassbar schön sind die Küstenwege, die wir entlangfahren. Mit dem slowenischen Pass, wohl eine der schönsten Passagen der bisherigen Tour. Ich bin glücklich, mich den beiden angeschlossen zu haben. Vor allem, als wir uns in das kristallklare Wasser einer fast menschenleeren Bucht fallen lassen.
Am Abend nehme ich die nächste Fähre. Kaum haben wir uns verabschiedet bin ich im Dunkeln auf der nächsten Insel. Diesmal, geht alles schneller.
Tag 45 - Länger als letztes mal
Meine letzte Reise fand am 45. Tag ihr Ende. Passend dazu, bin ich heute hauptsächlich geradelt. Insgesamt habe ich nun 2.400 km hinter mir. Knapp 500 mehr, als letztes mal. Und das, obwohl ich nicht das Gefühl habe, weniger Pausen zu machen und mir obendrein noch wesentlich mehr Berge in den Weg gelegt werden. Oder ich sie mir in den Weg gelegt hab...
Wie man's nimmt.
So wie heute. Eigentlich dachte ich, dass ich bis hinter Dubrovnik fahre, doch dann war nach 85 km Schluss. Die Berge und der Gegenwind haben mir einen Strich durch die Rechnung gemacht. Doch trotzdem, bin ich zufrieden. Denn der Weg war wunderschön und meinen Tagesschnitt hab ich erreicht.
Zunächst fahre ich in nur fünf Kilometern von der Wasserkante auf knapp 500 Höhenmeter. Danach geht's abwärts. Und was für einen Ausblick ich da habe! Zwar bremst mich der Gegenwind, sodass ich trotzdem treten muss, dafür habe ich mehr Zeit über das azurblaue Meer zu blicken und nur einige der über Tausend Inseln zu bewundern, die vor der kroatischen Küste die Adria sprenkeln.
Kurz darauf bin ich am Flaschenhals, der die Halbinsel Peljesac mit dem Festland verbindet. Schon auf Entfernung sehe ich die längste Festungsmauer Europas, die sich die Berghänge hinaufwindet. Scheinbar ohne Zweck, denn auf beiden Seiten sieht man nur grün. Doch so, wurde mit einem Schlag die gesamte Insel befestigt.
Und das kostbare Salz der Salinen war sicher.
Diese durchziehen nun die Buchten. Wahrscheinlich nurnoch aus historischen Gründen betrieben, fügen sie der ohnehin bilderbuchähnlichen Landschaft, eine weitere Seite hinzu. Fast schon kitschig, wie die nun winzigen Inseln den Anschein erwecken, man könnte mit vier großen Schritten von einem Ufer zum anderen laufen.
Dann bin ich wieder am Festland. Vermutlich war es das jetzt mit den Inseln, auf meiner Reise. Gelohnt, haben sich die Fähr-Debakel allemal!
Am Abend finde ich einen neuen Strand. Um hinzukommen, muss ich Helge nur einige Stufen hinuntertragen. Dann hab ich meine Ruhe.
Nur der Wind scheint mich nicht zu mögen. Wie ich mich auch hinsetze, immer schlägt mir der Rauch meines Feuers ins Gesicht.
Aber das nehme ich gern in Kauf.
Tag 46 - Was ein Tag!
Zum Tanz der Schatten wache ich auf, die die Olivenbaumblätter von der Morgensonne auf mein Moskitonetz malen. Das erste was ich tue ist baden gehen.
Dass der Herbst naht, merkt man daran, dass die Morgenluft kälter ist, als das Wasser. Und - ihr habt erraten - es ist glasklar. Wie soll man Wasser sonst beschreiben, durch das man auch bei drei Metern Tiefe jeden Stein am Grund erkennen kann?
Dem Start in den Tag entsprechend, könnte meine Laune nicht besser sein. Ich genieße den Strand, trage Helge die Treppen hinauf und fahre leicht wie der Wind die Küste hinab. Nicht nur, weil meine Laune so gut ist, sondern auch weil praktisch alle meine Vorräte aufgebraucht sind.
Im Supermarkt läuft ein Banger Hit nach dem anderen und kurz darauf bin ich in Dubrovnik. Mir wurde erzählt, hier gibt's ne Bar, wo ich direkt von der Terrasse Klippenspringen kann. Im Endeffekt der einzige Grund, warum ich überhaupt dazu komme, die Altstadt zu entdecken. Denn auch, wenn die verzweigten Gänge und Treppen aus Jahrhunderte altem Sandstein wunderschön sind, laufen mir hier eindeutig zu viele Touristen rum. An mancher Stelle komme ich kaum vorwärts. Und schließlich, muss ich Helge abstellen, um überhaupt noch weiter zu kommen. Ein schwerer Schritt. Doch alles für den Sprung.
Dann bin Ich bei besagter Bar. Ein kleines Nebentor führt mich durch die Mauer, auf die Terrasse 20 Meter über dem Meer. Ein Glück gibt's auch darunter einige Stufen. Denn so kann ich mich mit @camdenfischer, @kimberleygrootendorst und @thefuller5ive in die Fluten stürzen. Erst von 7, dann von 15 Metern. Und so steigert sich meine Laune praktisch ins unermessliche, vor allem als auch noch Raffi und Christos auftauchen.
Doch lang bleibe ich nichtmehr, denn Natasha hat mir von einem Typ erzählt, der 35 km südlich immer einen freien Platz für Bikepacker hat. Und dort will ich heute übernachten. Der Weg führt mich praktisch ununterbrochen Bergauf. Erschöpft komme ich an, als das letzte Licht der Sonne, den Horizont purpur-rot färbt.
Trotz der späten Stunde, lässt Marko mich noch ein. Er ist 83 und hat die Welt gesehen.
Verstanden hat er sie glaube ich nicht.
Jedenfalls, hoffe ich das.
Tag 47 - Sie verlassen die EU
Der Tag beginnt mit dem Gemecker von Marko. "I don't have a shower, use the hose!", "Don't use so much water", "No one ever donates anything, everyone must be poor" und "I don't want your fu**ing money" sind nur einige der Liebeleien, die ich mir geben muss, bevor ich abdampfe. Immerhin die beiden Ja's sind liebenswert und kuscheln ununterbrochen mit mir. Abgesehen davon sind meine Powerbanks wieder voll und die nötigste Wäsche ist gewaschen.
Dafür kann ich mir auch ein bisschen Gezeter anhören.
Mehr als froh bin ich allemal, als ich wieder unterwegs bin. Klar, ists cool, wenn man Reisenden Obdach gewährt. Aber wenn man alt, krank und verbittert ist und den Vorbeischneienden nur sein Weltbild aufdrängen will, hat man irgendwas falsch verstanden.
Trotz des anstrengenden Morgens hab ich fast sofort wieder gute Laune. Immerhin bin ich kurz davor aus der EU zu radeln und habe die schönsten Ausblicke über die Zypressen-gespickten Hänge Südkroatiens, die ich mich wünschen könnte.
Und dann ist es so weit. Mein Blick fällt über einer Kuppel, die schnurgerade Straße entlang und auf den Grenzposten. Bevor ich mich versehe, bin ich raus aus der EU. Einen Kilometer später klackt der Stempel in meinen Pass und ich bin in Montenegro.
Ein bisschen fühlt es sich an, wie Klippenspringen. Es ist nur ein Schritt nach vorne. Doch der fällt schwerwiegender als jeder andere. Jedenfalls denkt man das. Doch bevor man es merkt, ist man im Wasser. Oder eben im nächsten Land.
Und wie schön das schon wieder ist! Ich raff es nicht. Wie kann denn eine Steilküste nach der anderen so hinreißend sein? Ich hab das Gefühl die ganze Welt strahlt mich an. Jeder will mir helfen, beantwortet jede meiner Fragen geradezu übereifrig und ständig wird mein dickes Grinsen mit einem freudigen Lächeln erwidert.
Selbst die LKW-Fahrer halten Abstand.
Zumindest, bis ich wieder auf der großen Küstenstraße bin. Da ist eigentlich alles wie immer. Ich spüre die Seitenspiegel im Nacken und schmecke die Abgase auf der Zunge. Aber was solls. Auch Smog und Asphalt können meine Laune nicht trüben.
Und so bin ich schon bald an meinem nächsten Strand.
Diesmal sogar aus Sand.
Tag 48 - Albanisch ausgetrickst
Der Tag startet am Strand. Nichts neues, und doch nicht weniger schön. Nach einer Weile kommt ein dicker Montenegriner nackt und schimpfend auf mich zu. Das Schild, dass das hier sein privater Strandabschnitt ist, habe ich gekonnt überlesen. Das Schild, dass ich am FKK-Strand bin, habe ich tatsächlich nicht gesehen. Und dass eine Strandgebühr fällig ist, war auf meinem Nebenweg durch den Sumpf garnicht ersichtlich.
Um letztere geht es ihm zum Glück nicht.
Ich ziehe zehn Meter weiter und schaue dem weißhaarigen Mann eine Weile zu.
Erst breitet er Kühlboxen und Sonnenschirm auf seinen Holzkisten aus. Dann macht er Jugoslawische Balladen an und bastelt ein kleines Boot. Er watet ins Wasser, wirft den Stein, der als Anker an einer Schnur hängt, aus und nickt zufrieden. So kann sein Tag beginnen.
Seiner Bräune nach zu urteilen, macht er das jeden Tag so.
Dann mach ich mich vom Acker, fahre frech wie ich bin am Strandpförtner vorbei und strampel mich den nächsten Berg hoch. Kurz vor dem Gipfel werde ich von zwei Jungs aufm Rennrad überholt.
"Servus" "Servus"
"Moin"
Oben machen sie Pause und ich ziehe an ihnen vorbei.
Bergab überholen sie mich wieder.
Kurz darauf nochmal. Irgendwo gabs wohl wieder ne Pause.
Das wiederholt sich noch zwei Mal, bevor wir 20 km vor der albanischen Grenze ins Gespräch kommen.
Merlin und Michel sind lightweight auf einem vier-Tages Trip nach Tirana unterwegs und legen ein stabiles Tempo an den Tag. Wenn sie nicht gerade Pausen machen. Weil wir uns gut verstehen, will ich versuchen eine Weile mit ihnen mitzuhalten. Und für fast 40 km klappt das auch. Die Grenze passieren wir ganz nebenbei, doch ihre Auswirkungen zeigen sich deutlich. Albanien wirkt nichtmehr wirklich wie Europa, um ehrlich zu sein. Oberleitungen, Müll und Moscheen fallen mir zu erst ins Auge. Und hinter den winzigen Feldern sehr viel wilde Natur, die eingekesselt von Bergketten golden im Licht der Sonne strahlt.
Kurz vor ihrem Ziel, trennen sich unsere Wege.
Ich bin eingeladen bei einem Freund zu übernachten. Dass ich am Ende zu einer Nacht im Hotel eingeladen werde ahne ich nicht.
Albanische Gastfreundschaft, denke ich.
Tag 49 - Wie Zeitreisen
So ganz kann ich noch nicht fassen, wo ich hier gelandet bin.
Albanien.
Wieder so ein Land, von dem keine Ahnung hatte.
Ein Land das durchzogen ist von Bergen, die im morgendlichen Dunst zu schweben scheinen. Frei und unbeschwert. Und doch habe ich den Eindruck, dass Berge und Land so fest miteinander verwurzelt sind, wie kaum sonst an einem Ort, den ich durchquert habe.
Sie sind allgegenwertig. Kesseln mich und meinen Weg ein, auf dem mich trotzdem keine Steigung bremst. Lediglich die holprigen Schotterpisten, die mich vorbei an betonierten Kanälen führen, an denen das Pfahlrohr meterhoch gen Himmel sprießt, drosseln mein Tempo.
Im Wasser tanzen Plastiktüten und der Grund schimmert grün, vor lauter Glasflaschen.
Ich fahre vorbei an kleinen, krummen Männern, deren Anzüge ihnen auf den Motorrollern hinterherflattern.
Hier und da stehen Ziegen und Kühe auf der Straße und immer wieder kreuzt ein Huhn meinen Weg.
Dann weiß ich nichtmehr weiter.
Der Weg hört auf und aus dem Haus, vor dem ich etwas verloren stehe, kommt Mateo gelaufen. Ein braunhaariger Junge, der mir in perfektem Englisch tausend Fragen stellt.
Ein bisschen fühlt es sich an, wie in den Erzählungen über Sigrids und Ruperts Reisen in den 80ern. Nur dass Mateo auf Youtube und beim Zocken Englisch gelernt hat. Er schnappt sich sein selbst repariertes Fahrrad und bringt mich zurück auf einen Weg, der bald zur Landstraße wird, die sich durch kleine Städtchen zieht.
Neben den alten Männern im Anzug sehe ich hier immer mehr schwere Jungs. Die haben auch Anzüge an. Nur sind die von Adidas und Stadt Schiebermütze tragen sie Sonnenbrille.
Kurz bin ich wieder mit einer Gruppe radlern Unterwegs. Anton und Arthur sind 17 und 18. Mit dem Rad nach Istanbul. Und nach Afrika. Wie schon in PLAC bin ich beeindruckt von dieser Generation, in der so viele schon so jung, so großartige Pläne haben. Und sie direkt umsetzen, statt nur davon zu träumen.
Unsere Wege trennen sich und Tirana liegt vor mir. Viele Autos und keine Straßenverkehrsordnung. Dafür hupt man gerne. Und irgendwie, klappt es auch so.
Der Tag geht fließend in die Nacht über. Und mit ihr, fließt der Raki.
Tag 50 & 51 - Schotterpiste oder Autobahn
Gestern steht etwas sehr wichtiges auf dem Plan:
Nichts tun.
Ich schlafe bis 12, frühstücke in verschiedenen Cafés, lausch Tirana im Regen und schon ist es dunkel und Zeit fürs Abendessen.
Es gibt Pfannkuchen und davon viele. Dank meinem Couchsurfing Host @saintarthvr kann ich mir endlich eine kleine Pause genehmigen. Und die war bitter nötig.
Heute schlafe ich wieder aus. Es soll weniger regnen und doch ahne ich, dass ich am Ende des Tages klöternass sein werde.
Und so kommt es dann auch. Kurz nachdem ich aus der Hauptstadt fahre, biege ich auf die erste "Nebenstraße" ab. Es gibt keinen Bodenbelag, dafür aber reichlich nassen Lehm. So viel, dass er sich zwischen Schutzblechen und Reifen festsetzt und mir nichts anderes übrig bleibt, als Helge durch die Schlammschlacht zu tragen. Oder zu schleifen... Wie man's nimmt. Nach der ersten Lavazh des Tages - Albanisch für Autowäsche - kann es weitergehen. Zunächst auf Asphalt, dann auf der nächsten Nebenstraße. Die ist anfangs zwar noch mit prima Schotter versehen, verwandelt sich bald abee in eine fast unpassierbare Pass-Straße. Was für ein Oxymoron. Statt gleichmäßigem Kies liegen handballgroße Steine im nassen Sand. Hinzu, kommt sturzflut-artiger Regen.
Als ich die Abfahrt hinter mir habe, ist die Erholung des letzten Tages dahin und mein Knie fühlt sich an, wie zuvor. Stinksauer auf meine Navigationsapp, fahre ich auf die Autobahn, die schräg unter mir aus dem Berg schießt. Hier kann ich Rollen, habe reichlich Platz auf dem Seitenstreifen und komme mit 55 km/h gut vorwärts.
Zumindest, bis mein Pflichtbewusstsein mich die erste Abfahrt nehmen lässt.
Ein grober Fehler. Nun bin ich zwar wieder auf Komoots Strecke, werde aber durch Flussbetten und weitere Treibsandfelder gefühlt.
Wenig später bin ich wieder auf der Autobahn und verpasse Helge die nächste Wäsche.
Leck mein Brett, hab ich kein Bock mehr für Heute.
Die nächste Schlafmöglichkeit ist meine, denke ich, gerade als ich an einem Gewächs-Zelt vorbeifahre. Moment - da war doch jemand drin. Ich drehe um und schaue rein. Eine kugelrunde albanische Frau, erlaubt mir für eine Nacht zu bleiben.
Glaube ich...
Tag 52 - Kotze im Bart
Ekel-Warnung!
Drei Stunden nachdem ich mir letzte Nacht meine Pfannkuchen reingezogen habe, wache ich auf. Zunächst bin ich nur etwas aufgekratzt und denke, dass das wohl an der vorbeirauschenden LKW's liegt. Dann merke ich, dass meine Ohren jucken und nehme sicherheitshalber die dreckigen Ohropacks raus.
Wenig später beginnt es zu grummeln. Nicht der Himmel - immerhin hab ich mich ja wegen der schlechten Wettervorhersage überhaupt in das Gewächshaus gelegt - sondern mein Bauch. Mir schwant böses. Nur checke ich noch nicht so ganz, woher das Böse kommen soll und versuche es zunächst wegzuignorieren.
Dumme Idee.
Mein Magen krampft sich zusammen und ich kann gerade noch mein Moskitonetz öffnen, bevor es aus mir schießt. Neben den Resten von Pfannkuchen und Ajvar, reichlich Tränen, Rotz und Schweiß. Fucking hell, geht es mir fürchterlich. Und das innerhalb von Sekunden.
Immer wenn ich denke, es ist vorbei, und meine zitternden Arme vom Boden hebe, um mich in meine Hängematte fallen zu lassen, geht es von vorne los. Bald schon, kommt nurnoch Wasser und Magensäure. Und das, bis die Sonne aufgeht.
Völlig entkräftet packe ich mein Lager zusammen. So schluderig wie nie, werfe ich alles einfach in die gelbe Tasche und mache mich auf den Weg. Während ich in der Nacht noch dachte, wenigstens 20 km bis Librazhd zu kommen, verlasse ich nun - beschämt über den Zustand meiner Unterkunft - das Gewächshaus, mit nur einem Ziel vor Augen.
Hilfe finden und das erstbeste Bett ansteuern. Egal was es kostet. Denn so wichtig mir meine Herausforderungen auch sind, irgendwann muss auch ich einsehen, dass ich mir selbst nicht alles abverlangen kann.
Und potenziellen Gastgebern schon garnicht.
Sorry an der Stelle nochmal, an die kleine dicke Frau. Mögest du mir vergeben und zukünftigen Landstreichern nicht mit Groll im Herzen begegnen.
Denn genau so fühle ich mich. Wie ein Landstreicher.
Im ersten Café werde ich ins nächste Hotel geschickt. Und dort abgewiesen. Kein Wunder bei meinem Auftreten.
Beim zweiten habe ich mehr Glück. Den Tag verbringe ich mit Erholung. Und inzwischen habe ich schon zwei Bananen, einige Kekse und ne Menge Tee essen können.
Tag 53 - Wat ick nich im Kopf, hab' ick inne Beene
An dieses Rap-Zitat muss ich heute den ganzen Tag denken, während ich über 1000 Höhenmeter und 70 km fahre. Ein ganz normaler Radfahrtag, keine 24 Stunden nachdem die Treppe in den ersten Stock des Hotels mir wie ein Marathon vorkam.
Aber hey, wenn's läuft, dann läuft's. Und so fahre ich langsam und gemächlich Kilometer für Kilometer Bergauf. Die Lumi Shkumbin zieht sich neben mir durchs Gebirge und schneidet eine Kerbe für Straße und Eisenbahn. Letztere Zeit Jahrzehnten außer Betrieb.
Water is God, denke ich mir wieder mal, während ich glücklich aus meiner Wasserflasche trinke. Tiefe Züge, die kalt meine Kehle hinabgleiten und mich beleben. Das wäre gestern nicht möglich gewesen.
Ich fahre weiter und weiter, stets darauf bedacht, ausreichend Pausen einzulegen. Und wie es scheint, ist die Welt auf meiner Seite. Denn immer, wenn ich gerade wieder ein kleines albanischen Café aufsuche, unter dem Dach einer Tankstelle einkehre oder mich kurz zwischen den Grenzhäuschen ausruhe, fällt ein schneller Schauer auf die Deckung über mir, der nach wenigen Minuten wieder vorüber ist. Während ich fahre, bleibt es fast vollständig trocken.
Und so fühle ich mich warm und sicher genug, um am Abend - nachdem ich spontan doch den Weg über Nordmazedonien genommen habe - mein Zelt aufzuschlagen, statt noch eine Nacht in einem Hotel zu verbringen.
Eigentlich dachte ich ja, ich würde direkt am Wasser des Ohrid-Sees schlafen. Technisch gesehen tue ich das auch. Nur trennt mich dichtes Schilf von einem Bad im gigantischen Bergsee.
Aber wer weiß... Vielleicht ist das besser für meinen Körper.
Tag 54 - Die Gartenfrage
Letzte Nacht kann ich das erste Mal nicht wirklich schlafen. Immerhin neigt sich diese unvergessliche Zeit langsam dem Ende zu und langsam schleichen sich Gedanken an den Alltag danach ein.
Statt wirklich darüber nachzudenken, grübel ich lieber über mein Verständnis von Freiheit. Darum geht's ja bei der ganzen Sache. Und mit meinem aktuellen Arbeitsstand, bin ich schon ganz zufrieden.
Morgens will ich nur irgendwo frühstücken und schnellstmöglich weiter. Leider gibt es keine Café-Frühstücks-Kultur auf dem Balkan. Cafés sind eben für Kaffee da. Irgendwie einleuchtend, nervt mich mit meiner Schlafentzug-Zündschnur aber trotzdem. Stattdessen gibt's Blätterteigtaschen von irgendeiner Bäckerei, von denen ich die meisten einer Bettlerin mit Kind schenke. In dem Moment hauptsächlich, weil ich meine Ruhe haben will, um ganz ehrlich zu sein.
Schlafdefizit halt...
Dann geht's halt so los. Immerhin kann ich mich auf asphaltierte Straßen einstellen. Ich mein, deswegen fahr ich ja grad eine 15% längere Strecke durch Nordmazedonien, oder @komoot?
Oder @komoot?!
Was soll ich sagen... Als ich an der Gabelung stehe, heißt es rechts abbiegen.
Ihr habt echt Lack gesoffen Leute. Ich hab RENNRAD eingestellt!
Zündschnur und so^^
Aber hey... Immerhin die Landschaft ist schön! Und irgendwann - nach 11,96 km um genau zu sein - Danke für diese Angabe du nutzlose App - bin ich auch wieder auf Asphalt unterwegs, der sich langsam unter mir anhebt.
Die Hälfte der Menschen fährt freundlich hupend an mir vorbei - Lieb gemeint, aber nach ner Weile nervts trotzdem - die andere versucht mir Ohrenschnipser mit dem Rückspiegel zu verpassen. Hauptsächlich LKWs und Busse, um fair zu bleiben.
Nach zwei Aufstiegs-Etappen und einer Pause düse ich die Berge des Baba-Gebirges hinab und lasse den Tag überraschend auf einer positiven Note ausklingen.
Am Fuß fühle ich mich, als könnte ich in diesem ausgestorbenen Dörfchen hier Glück haben. Das erstbeste Haus hat einen wunderschönen Garten. Ich frage, ob ich darin schlafen darf und Sonja, Christian und Angil laden mich ein.
Dusche und Kuchen, gibt's noch dazu!
Gärten sind eben auch Fenster zur Seele.
Tag 55 & 56 - Gegenwind, Griechenland und Glücksgefühle
In meinem Mazedonischen Garten regnet es die ganze Nacht. Da kommt ein entspannter Morgen mit Kaffee von Sonja ganz gelegen. Und bis der leer ist, sind auch die Wolken weggepustet.
So mache ich mich viel zu spät Richtung Griechenland auf. Von Anfang an bläst mir der Süd-Ost-Wind entgegen.
Noch lache ich drüber. Doch merke ich auch, wie er an den Kräften zehrt. An die Grenze schaffe ich es trotzdem. Nicht irgendeine Grenze... Sondern die Griechische!
Das neunte Land dieser Reise.
Und das letzte.
Es fühlt sich besonders an. Und prägt mir dieses bestimmte Grinsen ins Gesicht.
Und das beschert mir zahllose Geschenke. Unfassbar, was die Griechen einem alles mitgeben, wenn man bloß nach dem Weg fragt.
Der ist dann allerdings auch noch lang. Weitere 50 km Gegenwind und das Lachen vergeht. Als ich am See ankomme, an dem Anton schon auf mich wartet, habe ich das Gefühl kurz vor dem Wahnsinn zu stehen.
Doch ein Sprung ins Wasser, eine Schüssel Tomaten-Risotto und gute Gespräche überm Lagerfeuer biegen auch das wieder hin. Und als direkt vor uns hunderte Blitze durch den Nachthimmel zucken und die Silhouetten der Berge gegen den Horizont zeichnen, ist alles Leid vergessen.
Was für ein Empfang!
Wieder trommelt mich der Regen auf meiner Zeltplane in den Schlaf. Und der könnte besser nicht sein.
Am nächsten Morgen ist nichts vom Unwetter übrig. Aber Helge hat aus unerfindlichen Gründen einen Platten. Ein Glück ist das Problem schnell gelöst und der pensionierte Brite im Unimok bietet seinen Kompressor an. Ohne Wind und mit Sonne im Nacken kann es weitergehen - Das Ziel:
Die Ägäis.
Zwei Meere auf einer Radtour... Ich packs nicht.
Vor allem, als ich auf dem Weg dorthin, das erste Mal die drei Gipfel des Olymps am Horizont erblicke. Gänsehaut! Der Berg der Götter - als hätte Zeus mir gestern Nacht persönlichen einen Gruß bestellt. Und so wird das Grinsen von Gestern noch breiter. Euphorisch fahre ich dem Abend entgegen.
Rechts von mir der Berg. Vor mir der violette Himmel. Und dann - als ich über die einzige Kuppel des Tages komme - das Meer, das mir entgegenstrahlt.
Oh du schönes Griechenland!
Tag 57 - Den Göttern zu Füßen
Ich bin da.
Doch glauben, kann ich's nicht.
Über 3000 Kilometer bin ich gefahren. Bis nach Litochoro.
Es ist der vierte Ankunftsmoment auf dieser Reise. Nein... Das stimmt nicht. Es gab weit mehr. Aber es ist der vierte in Hinblick auf mein letztes Ziel.
Der erste war die griechische Grenze.
Der zweite mein erster Blick auf den Berg.
Der dritte mein Bad in der Ägäis.
Und der vierte ist hier.
Und doch wird es nicht der letzte sein. Denn auch, wenn der Berg nun vor mir liegt, fehlt noch das letzte Stück bis zum Ende meines Weges. Die letzten Meter, die Helge mich nicht tragen kann.
Der Aufstieg zum Gipfel.
Oder zumindest so weit, wie ich ohne Kletterausrüstung komme.
Es bleibt ein Tag zum Gedenken.
Als ich aufwache liegt ein tief-orangenes Band über der anderen Seite der Bucht. Schwarz zeichnet der Sonnenaufgang das Bild des Chortiatis gegen den Horizont.
Ich liege noch eine Weile in meiner Hängematte, und inhaliere diesen wunderbaren Ort, an den es mich wieder verschlagen hat. Dann fühle ich mich bereit, meinen Fuß in den Sand zu setzen.
Der erste echte Sandstrand.
Nach meinem Bad sitze ich so da - im Sand. Und lasse ihn mir durch die Finger gleiten.
Ich denke über meinen Weg nach. Über das Meer und den Berg. Und wie winzig ich im Vergleich zu all dem bin.
Das einzige, was mich von den Sandkörnern unterscheidet, ist dass ich entscheiden kann, wohin ich falle.
Eine neue Ebene der Freiheit erfüllt mich.
Die Freiheit zu wissen keine Rolle zu spielen.
Die Welt dreht sich nicht um mich.
Sie dreht sich um die Sonne.
Und ich - ich bin blinder Passagier, der glücklich genug ist, die Erde unter sich und die Sonne auf der Haut zu spüren.
Zwei Fischreiher fliegen knapp über den Wogen entlang und lassen es so mühelos aussehen. Frei zu sein.
Ein wenig realisiere ich, dass ich fast angekommen bin. Ein paar Tränen fallen salzig in die See.
Dann breche ich auf.
Es dauert nicht lang und doch länger als gedacht, bis ich die letzten Meter in die Stadt fahre.
Viel zu oft halte ich an, um die sich wandelnden Perspektiven auf diesen Götter-Thron einzusaugen.
Denn genau so majestätisch ist er.
Der Olymp.
Tag 58 - Ein Tag Ruhe
Als ich gestern in Litochoro einrolle, gehe ich zunächst ins Restaurant.
Eigentlich wollte ich mir gleich eine Unterkunft organisieren, aber weiß nicht so recht, wo ich anfangen soll. Und wenn man verweilt, ergibt sich häufig mehr, als wenn man wild umherläuft.
Und so kommt es, dass neben mir eine Wandergruppe Platz nimmt, die gerade vom Berg gekommen ist. Allesamt sind völlig ausgehungert. Zwei Tage waren sie unterwegs. Zwei Tage, die sich Vorfreude auf gutes Essen angestaut hat.
So auch bei Saf und Nikolai. Die beiden sind mit ihren Freunden Dinos und Dora unterwegs und bestellen einen ganzen Berg Fleisch.
Ich glaube darüber kommen wir uns Gespräch. Jedenfalls sind sie schwer begeistert von meiner Tour und fragen mir Löcher in der Bauch. Obwohl ihre Bäuche ja selbst leer sind und griechische Delikatessen vor ihnen stehen.
Das will schon was heißen.
Schließlich erzähle ich ihnen von meiner Challenge - Nichts für Übernachtungen auszugeben. Sie überlegen kurz und empfehlen mir ein Kloster. Klar... Da hätte ich auch selbst drauf kommen können. Doch zunächst frage ich Sonja - die Kellnerin - ob es überhaupt eins gibt. Klar. Und sie ruft prompt den Pfarrer an, ob ich bei ihm unterkommen kann.
Er hadert... Leider ist das nur für Griechen erlaubt. Aber bevor ich etwas sagen kann, zahlt er mir eine Unterkunft.
Sonja grinst mich an 'He is a little God himself!'
10 Minuten später steht ein Gehilfe des Padres auf der Terrasse und fragt Sonja, wo denn nun der Pilger sei.
Sie deutet auf mich.
Sein Blick folgt ihrem Finger - entsetzt schickt er ein Stoßgebet zum Himmel und macht das Kreuzzeichen.
Na komm... So schlimm sehe ich doch nicht aus!
Aber ist auch egal, was er denkt, denn der Pfarrer hat gesprochen. Und so bringt er mich grummelnd in Alexandra's Gasthaus.
Später am Abend treffe ich meinen Wohltäter.
Padre Angelos.
Ein kleiner Mann mit gütigen Augen, die in einem rundem Gesicht liegen, das von einem grauen Bart eingefasst wird.
Gleich will er mir noch eine Nacht spendieren. Doch da, campiere ich lieber im Tal.
Denn einen neuen Host finde ich heute nicht.
Dafür die Zeit für Ruhe und Vorbereitung.
Der Gipfel ruft.
Tag 59 - Berg der Götter
Es ist 5:30 Uhr als mein Wecker klingelt.
Die Nacht habe ich im Tal des Enipeus verbracht. Der Fluss, der die sagenumwobene Schlucht in den Berg schliff.
Sofort bin ich hellwach. Meine Motivation ist schon über den Wolken, bevor ich überhaupt aus der Hängematte bin.
Ich packe zusammen, verstecke mein Zeug im Wald und bin pünktlich um 6 am Taxi-Stand. Mit müden Augen und halb-aufgerauchter Zigarette wartet der Fahrer auf mich. Er schnippst sie weg und es geht los.
Es ist stockduster, als wir den Weg zur Hütte hinauffahren, wo die Wanderungen beginnen.
Ganz aus Litochoro hochlaufen, dafür habe ich nicht die richtige Ausrüstung mit. Der Wanderrucksack für den mehrtägigen Aufstieg fehlt.
Trotzdem ist mein Ziel hoch gesteckt. Die zwei Tages-Wanderung, will ich an einem machen. Deswegen auch der frühe Start.
Und klar - wie könnte es anders sein - gerade als ich losmarschiere, kommen zwei Deutsche mit Hund auf mich zu. Die einzigen anderen Verrückten, die zu so einer Uhrzeit starten.
Gemeinsam mit @lenke.felix, Laura und Eva erklimme ich die raue Landschaft, während die ersten Sonnenstrahlen langsam in die Schlucht fallen.
Umgeben von diesem Gebirgsmassiv, denke ich an meine Reise. An all die Schönheit, die Anstrengung, die Einsamkeit und die Gesellschaft. An diese unvergessliche Zeit, die gerade ihren Höhepunkt findet. - oder sagen wir einen Höhepunkt.
500 Höhenmeter unter dem Gipfel - einige Pausen liegen schon hinter uns - trenne ich mich von meiner Wandergruppe und ziehe den Rest alleine durch. Immerhin muss ich heute Abend noch mein Zeug aus dem Wald und aus dem Souvenirladen holen, der um 19 Uhr schließt.
Dann bin ich auch 2.880 Metern. Der Gipfel zwischen den Gipfeln. Rechts der Mytikas, links der Scolio. 13 Höhenmeter Unterschied.
Gerne versuche ich es auf Zeus-Thron, den Mytikas, der mit 2.918 Metern fast senkrecht aus der rauen Mondlandschaft empor ragt.
Doch spätestens for der Felswand muss ich einsehen, dass ich hier heute nicht raufklettern werde.
Es fehlt Ruhe, Kraft und Ausrüstung.
Doch die Aussicht vom Scolio ist nicht weniger göttlich.
Das war er...
Mein Weg auf den Olymp.
Göttlich.
Tag 60 - There and back again
Nach meinem Aufstieg finde ich mich in meiner Stamm-Taverna ein.
Während ich mein Souvlaki esse, fällt mir auf, dass ich keinen Schlafplatz brauche, um ein heimliches Gefühl - eine mentale Basis - zu haben. Es reichen offene Menschen, die mich herzlich empfangen.
So wie in Sonjas und Apostolos Familienbetrieb.
Wein und Dessert gehen heute auf sie.
Mit wohligem Gefühl und vollem Bauch schlage ich ein letztes Mal meine Hängematte auf. Zum Orchester der Straßenhunde schlafe ich ein.
Als ich um 7 Uhr aufwache, bellen sie immernoch. Während ich mein Lager zusammenpacke, geht zum dritten Mal die Sonne über der Ägäis auf. Und wieder wird die Welt in lila-violettes Licht getaucht.
Zum Abschied winke ich dem Berg. Dann rolle ich der Sonne entgegen.
Die Türen der Bahn schließen sich. Eine Stunde später, bin ich in Thessaloniki.
Ich organisiere mir einen Karton und beginne Helge zu zerlegen. Schon merkwürdig, wie mein ganzes Leben in so eine Papp-Schachtel passt. Doch für Melancholie bleibt keine Zeit. Nur für Gyros. Denn in nichtmal zwei Stunden, geht mein Flug.
Ich schmeiße Helge auf einen Kinderwagen, renne zum Taxi und düse durch die Stadt.
Am Flughafen denke ich, dass ja doch noch alles entspannt gepasst hat. Dann muss ich Schlange stehen, um das Sondergepäck zu zahlen und den Karton aufschneiden, um die Luft aus den Reifen zu lassen. Gerade noch rechtzeitig zum Schluss des Check-ins gebe ich Helge ab.
Jetzt aber schnell zum Gate!
Da kommt mir die Stewardess hinterhergelaufen.
'Why do you have Gas in your Luggage?!'
Ahhh Shit - Campingkocher! Ich renne zurück, schneide den Karton das zweite Mal auf und werfe die Pulle weg. Zukleben - aufs Band und er geht durch die Kontrolle.
Ich sprinte zurück und stolpere keuchend in den Flieger. Helge kommt auch noch rein. Ein Glück.
Über den Wolken denke ich an meinen Blick vom Olymp. An Freiheit und ein zu abruptes Ende.
Doch irgendwie passts dann doch.
Ich lerne Bruno kennen. Unser Gespräch ist wie eine Zusammenfassung der letzten Zeit.
Treffe Maxim auf ein Bier in Wien.
Und zu Hause falle ich schließlich @lea_egg in die Arme.
Auch schön, wieder hier zu sein.
Auch mit etwas Abstand betrachtet, bin ich unendlich dankbar über all die Erfahrungen, die ich auf meinem Weg zum Olymp machen durfte. All die Menschen, die ich kennenlernte, die Orte, die ich entdeckte und die Lehren, die ich aus all dem zog. Ich hoffe, du konntest auch etwas mitnehmen.